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  1. #56
    Diffeldoffel Avatar von tarumo
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    Der grundsätzliche Ansatz ist falsch. Die Zahlen für einen niedergelassenen (selbstständigen) Arzt können (müssen aber nicht) hier und heute stimmen. Bei diesen ganzen thread geht es doch um die Zukunft.
    Nehmen wir mal den angestellten OA: der kriegt alle zwei, drei Jahre mehr seine Gehaltssteigerung von 2- 3%. Plus vielleicht Pool. An finanziellen Unwägbarkeiten kann da vielleicht hinzukommen: Auto kaputt, Scheidung, Grundsteuer erhöht, oder Miete. Oder mit Containern verspekuliert. That´s it. Und so geht es 30 Jahre weiter. Bis zur Rente.

    Der fiktive Niedergelassene aus dem o.g. Beispiel hat alleine in den letzten 12 Monaten folgendes übergebraten bekommen:
    -Vergütungserhöhung der MFA, sofern noch vorhanden, (sei ihnen gegönnt), aber ohne daß die Kassenhonorare steigen
    -verpflichtene offene Sprechstunde mit resultierendem Chaos und Verringerung der Einkünfte für diesen Tag
    -Erhöhung der Wochenarbeitszeit um 5 Std ohne Erhöhung der Vergütung. Demnächst dann 10h?
    -Teilübernahme der Terminvergabe durch extern (TSVG) mit ca 30% "no show", Resultat s.o.
    -verpflichtende Installation kosten- und zeitintensiver EDV "TI" mit Abfließen der Patientendaten nach extern, gleichzeitig aber volle Verantwortung ggü. den Patienten, falls die Daten geleakt werden
    -und eine ständig zunehmende Zahl an unbezahlten Diensten in irgendwelchen Fahrbezirken oder Portalpraxen, für eine Vertretung ist mittlerweile pro Dienst schon mal ein vierstelliger Betrag fällig.
    To be continued...

    Umgekehrt fallen laufend Einnahmeposten weg, wie spezielle Verträge, Laborboni, Privatvergütung sinkt etc...
    Durch lächerliche Aktionen wie 8,21 EUR für ein Gutachten als Zweitmeinung holt man das auch nicht mehr rein.

    Das eigentliche Grundproblem ist jedoch, daß man sich über die KV an den Vergütungsmodus der GKV bindet, sprich als steuerähnliche umlagefinanzierte Kasse. Exakt das, was auch die Rentenversicherung macht, und da die Probleme der GKV und der DRV absolut gleich sind (Reallohnverlust, Demographie etc.) werden die Probleme in ein paar Jahren manifest. Bereits heute werden von 100 EUR Einnahmen GKV weniger als 9 EUR an niedergelassene Ärzte weitergereicht. Tendenz : stets sinkend, genauso wie eben die DRV, von lächerlichen Aktionen wie 5 EUR mehr pro Monat vor Wahlen mal abgesehen.

    Sprich: über heutige Kreuzfahrt- und Flaschensammlerrenter (die es beide gibt) zu diskutieren, ist wenig hilfreich, wenn man sich um die Zukunft Gedanken machen muß. Und da ist die GKV eben das DRV-Flaschensammel-Modell, wo in Bälde (so ab 2025) ein Drittel der Einzahler nur noch absolute Minimalbezüge zu erwarten hat, egal was die Politik erzählt "Renden sind sischää".

    Man sollte also immer einen Plan haben, sich nicht dauerhaft von den GKV-Zahlungen als Praxisinhaber abhängig zu machen, genausowenig wie von den Zahlungen der DRV als alleinige Altersvorsorge.
    Geändert von tarumo (26.02.2019 um 13:39 Uhr)
    "An allem Unfug, der geschieht, sind nicht nur diejenigen schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern"
    Erich Kästner, "Das fliegende Klassenzimmer"



  2. #57
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    Zitat Zitat von tarumo Beitrag anzeigen
    Das eigentliche Grundproblem ist jedoch, daß man sich über die KV an den Vergütungsmodus der GKV bindet, sprich als steuerähnliche umlagefinanzierte Kasse. Exakt das, was auch die Rentenversicherung macht, und da die Probleme der GKV und der DRV absolut gleich sind (Reallohnverlust, Demographie etc.) werden die Probleme in ein paar Jahren manifest. Bereits heute werden von 100 EUR Einnahmen GKV weniger als 9 EUR an niedergelassene Ärzte weitergereicht. Tendenz : stets sinkend, genauso wie eben die DRV, von lächerlichen Aktionen wie 5 EUR mehr pro Monat vor Wahlen mal abgesehen.

    Sprich: über heutige Kreuzfahrt- und Flaschensammlerrenter (die es beide gibt) zu diskutieren, ist wenig hilfreich, wenn man sich um die Zukunft Gedanken machen muß. Und da ist die GKV eben das DRV-Flaschensammel-Modell, wo in Bälde (so ab 2025) ein Drittel der Einzahler nur noch absolute Minimalbezüge zu erwarten hat, egal was die Politik erzählt "Renden sind sischää".

    Man sollte also immer einen Plan haben, sich nicht dauerhaft von den GKV-Zahlungen als Praxisinhaber abhängig zu machen, genausowenig wie von den Zahlungen der DRV als alleinige Altersvorsorge.
    Das Problem der Umlagefinanzierung (GKV) ist meiner Meinung nach ein wirklich stichhaltiges Argument. Wobei die PKV doch mittlerweile auch massive Probleme haben.

    Aber mal grundsätzlich: wenn das System tatsächlich in absehbarer Zeit kollabiert und gekürzt werden muss, trifft das dann nicht nicht auch das gesamte Gesundheitssystem? Dann müsste es doch auch bei den angestellten Ärzten Lohnkürzungen geben. Das kann man ja schlecht alles auf die Praxisinhaber abwälzen.



  3. #58
    Diffeldoffel Avatar von tarumo
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    Zitat Zitat von sepitet Beitrag anzeigen
    Das Problem der Umlagefinanzierung (GKV) ist meiner Meinung nach ein wirklich stichhaltiges Argument. Wobei die PKV doch mittlerweile auch massive Probleme haben.

    Aber mal grundsätzlich: wenn das System tatsächlich in absehbarer Zeit kollabiert und gekürzt werden muss, trifft das dann nicht nicht auch das gesamte Gesundheitssystem? Dann müsste es doch auch bei den angestellten Ärzten Lohnkürzungen geben. Das kann man ja schlecht alles auf die Praxisinhaber abwälzen.
    Exakt das ist das Problem. 90% der Patienten und damit der Praxiseinnahmen stecken in der GKV-umlagefinanzierten Abwärtsspirale. Um da rauszukommen, hätte es einen erheblichen Anstieg im Lohngefüge bedurft. Stattdessen ändert sich die Bevölkerungszusammensetzung gerade dahingehend, daß ein riesiger Niedriglohnsektor für Ungelernte bzw. sogar Analphabeten geschaffen wird (sofern diese Menschen überhaupt jemals ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen erwirtschaften) und auf der Gegenseite die "kostenfreie Mitversicherung" mit deutlich mehr Kindern als in der autochtonen Bevölkerung, und je nach kulturellem Hintergrund, auch noch mit Mehrfachehen , die Einnahmen/Ausgabenrelation der GKV noch weiter strapaziert wird. Das soll jetzt keine "AfD"-Denke sein, sondern ist die leider fatale Logik im Umlagesystem.

    Die PKV hat selbst erhebliche Probleme, die in erster Linie auf politische Sabotage zurückzuführen sind (z.B. das rein willkürliche ständige Anheben der Versicherungspflichtgrenze, und neuerdings der Versuch, Beamte in die GKV zu stecken).

    Die GOÄ wird ebenfalls in den nächsten 3,4 Jahren "reformiert" und der "robuste Einfachsatz" festgeschrieben. Gleichzeitig senkt das dem Staat deutlich die Ausgaben für Beamte, weswegen das zu 100% so kommen wird. Andere Abrechungsmöglichkeiten werden verboten. Dann ist der Sack zu.

    Das also als kurzer Ausblick für die nächsten 30 Jahre.

    Und was die Krankenhäuser und MVZ angeht: selbstverständlich haben diese Probleme auf der Einnahmenseite. ca 30% der Krankenhäuser sind sogar dauerhaft defizitär. Es gehen durchaus auch mal MVZ, Kliniken oder sogar ganze Klinikketten pleite (wie erst unlängst geschehen). Wie man trotzdem die Bezahlung ds Personals sicherstellt, ist dann in erster Linie das Problem der Geschäftsleitung und nicht des Arztes. Schlimmstenfalls gibt es halt Insolvenzgeld bis zum nächsten Job. Diverse Methoden der Lohndrückerei gibt es ja jetzt schon und sind u.a. im Assistenzarztforum nachzulesen.
    "An allem Unfug, der geschieht, sind nicht nur diejenigen schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern"
    Erich Kästner, "Das fliegende Klassenzimmer"



  4. #59
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    Zu der früheren Bemerkung: "Unternehmerisches Risiko? Habe noch nie von einem Arzt gehört, der pleite gegangen wäre."
    --> Ich kenne 2 Ärzte, die das geschafft haben.



  5. #60
    Diffeldoffel Avatar von tarumo
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    Man geht von ca 20-30% der Einzelpraxen aus, die unter Bankaufsicht stehen. Da Ärzte nicht öffentlich bilanzieren müssen, und eine Pleite auch nicht zu Massenentlassungen führt, findet das ganze Geschehen unter der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle statt. Noch dazu werden oft die Finanzen "verfälscht", dadurch, daß Erbschaften oder der Verdienst des Partners reingebuttert werden.
    Eine kurze Internetrecherche nach "Praxis plötzlich geschlossen" zeigt durchaus einiges.

    Letztendlich muß man sich im klaren sein, daß man als niedergelassener (Einzel-) Arzt Sub-Subsubunternehmer ist: Staat > GKV > KV > Arzt.
    Also sowas wie ein selbstständiger Paketwagenfahrer, der die Billigbillig-Vergütung des Auftraggebers akzeptieren, mit den Ansprüchen der Kunden und der Arbeitslast selbst zurechtkommen und das Risiko wie Krankheit, Auto kaputt und Spritpreis bzw. Dieselfahrverbote selbst tragen muß.
    Die Tätigkeit als "selbstständiger Unternehmer in der Logistikbranche" wird ja durchaus und wiederkehrend in diversen Kleinanzeigen als lukrativ beworben. Manchmal gibt es sogar einen rostigen Sprinter dazu "geschenkt"...und um beim Medizinbeispiel zu bleiben: würde sich jemand für 10 Jahre als selbstständiger Paketfahrer verpflichten, wenn er den Führerschein gezahlt bekommt?
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