Ich finde die Perspektive beim sachlichen Blick auf die Zahlen des letzten Examens ambivalent.
Erst einmal zu den Ergebnissen selbst (nur schätzungsweise, weil die Notengrenzen idiotischerweise mitten durch die angegebene Verteilung gehen):
- Bestanden hat man ab 185 Punkten. Das dürften schätzungsweise 96% sein - also nach wie vor die meisten.
- Eine 4 hat man zwischen 185 und 215 Punkten, das war diesmal schätzungsweise knapp ein Viertel der Teilnehmer
- Eine 3 hat man ab 216 bis 245 Punkten, das sind diesmal etwa die Hälfte der Teilnehmer gewesen
- Eine 2 hat man ab 246 Punkten - etwas weniger als ein Viertel
- Eine 1 hat wohl etwa 1% der Teilnehmer, davon die meisten "gerade so", mit wenigen Punkten Abstand zur 2
Was folgt? Eine 2 ist nach wie vor realistisch.
Eine 1 zu bekommen ist allerdings mittlerweile vor allem glücksabhängig. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, bei dem einen Prozent, das die 1 geschafft hat, würde es sich um "die Besten handeln". Grund ist folgende Überlegung: Wenn jemand 90% der Fragen sicher weiß und bei 10% keinerlei Ahnung hat dann hat diese Person keinen Erwartungswert von 90% Richtigen, sondern von 92% - sie wird jede fünfte Frage richtig raten (natürlich abstrahiert, man ist sich ja oft unsicher, kann dafür woanders Antworten ausschließen etc). Unter denselben Prämissen hat jemand, der 90% richtig hat, im Durchschnitt nur 87,5% wirklich gewusst (12,5%/5 = 2,5%, 87,5% + 2,5% = 90%). Daraus folgt, dass es eine Art "individuelle Standardabweichung" gibt, die sich berechnen ließe, wenn man dieselbe Person dasselbe Examen mehrfach schreiben lassen und sie zwischendrin das Examen immer wieder vergessen lassen würde (ist natürlich ein hypothetischer Wert). Über alle Fragen hinweg würde ich schätzen, dass 2,5% gar kein so schlechter Schätzer für diese individuelle Standardabweichung sind, das sind, auf 308 Fragen, etwa acht Punkte. Wenn man nun bedenkt, dass die allermeisten Einserprüflinge vielleicht 4-5 Punkte über der Grenze zur 1 lagen bedeutet dass, dass die meisten sich definitiv innerhalb der eigenen Standardabweichung befanden - sie also, vereinfacht formuliert mit exakt derselben Leistung, genauso gut eine 2 hätten schreiben können, und dass es umgekehrt, sehr viele gute Zweierprüflinge gibt, die durch blankes statistisches Pech an der 1 vorbei sind. Die Zahl derjeniger, die aus "eigener Kraft" die 1 geschafft haben, dürfte sehr, sehr niedrig sein, was man auch daran sieht, dass selbst der oder die Bundesbeste gerade einmal 93,8% hat.
Andere Aspekte, wie, dass im Examen auch die für einen selbst richtigen Themengebiete drankommen müssen, um in diese Punktespähren vorzustoßen, sind da noch gar nicht berücksichtigt!
Das hat aber noch andere Implikationen. Eine davon ist die Trennschärfe, die bei den "schweren" Fragen diesmal recht schlecht gewesen sein dürfte (Grund dafür könnte die anscheinend hohe Zahl uneindeutiger Fragen gewesen sein, die offensichtlich nicht alle herausgenommen wurden). Da das ein statistischer Wert ist und damit etwas, worauf das IMPP auch schaut, gibt dies Anlass zur Hoffnung, dass dies in Zukunft wieder korrigiert wird.
Also: nicht entmutigen lassen. Aber auch nicht mit der Einstellung reingehen, dass man auf Teufel heraus eine 1 schaffen muss. Das ist, nach aktuellem Stand, für die besten 5-10% der Teilnehmer mehr Glück als Können.