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Appletree36
Hallo Forums-Mitglieder,
es hat zwar schon einmal jemand einen ähnlichen Beitrag gestellt, aber ich frage noch aus einer etwas anderen Perspektive. Ich habe nun 1 Jahr Psychologie studiert und gemerkt, dass ich in den klinischen Bereich möchte, und mich vor allem die biologische Komponente von psychischen/neurologischen Krankheitsbildern sowie die Medikamentengabe interessiert. Auch ist derzeit unklar, in welche Richtung sich das Berufsbild des klinischen Psychologen entwickeln wird.
Ich habe mich nun das letzte Semester ausgiebig mit Medizin auseinander gesetzt, mich auf das Studium beworben und auch schon 45 Tage KPP absolviert.
Einen Studienplatz habe ich auch angeboten bekommen, aber konnte mich noch nicht überwinden, diesen anzunehmen und mich an meiner alten Uni in der Psychologie zu exmatrikulieren, was vor allem daran liegt, dass ich nun einige Assistenzärzte (aus verschiedenen Bereichen) getroffen haben, welche mir vom Studium abgeraten haben und höchst unzufrieden gewirkt haben, mit der abschließenden Aussage, dass sie ins Ausland abwandern möchten. Auch im KPP bekomme ich mit, welche Überstunden (Berichten nach 65 bist 80 h in der Woche, unbezahlte Überstunden etc.) und krassen Arbeitszeiten die Ärzte leisten müssen, und dabei bin ich sogar in einem KH, in welchen die Arbeitsbedingungen gar nicht mal so schlecht sein sollen. Einer der Ärzte meinte, dass man an einem Dienst am Sonntag den ganzen Tag nicht trinken könnte und nicht aufs Klo könnte, da das Telefon alle 20 Sekunde klingelt und man alleine für 150 Patienten zuständig ist. Ein anderer meinte auch sein Job wäre purer Stress und Adrenalin rund um die Uhr. (Nachtdienste und am Wochenende arbeiten finde ich ok, solange man entsprechend entlohnt wird und entsprechend dann einen Ausgleich erhält... Erholung ist ja auch wichtig, um wieder konzentriert Arbeiten zu können.)
Auch habe ich gemerkt, dass mich die eher handwerklichen Bereiche (Chirurgie, internistische Eingriffe wie Endoskopie etc.) eher weniger interessieren, sondern mein Interesse wirklich eher im psychatrischen, psychsomatischen und neurologischen Bereich bzw. darin liegen, welche Wechselwirkungen es im Körper gibt, wie er funktioniert und wie er krank werden kann, aber eben in Verbindung mit der Psyche/Prozessen im Gehirn
(Forschung, Allgemeinmedizin, Orthopädie und Sportmedizin würden ich auch noch interessieren). Da frage ich mich, ob dieses Interesse reicht um sich über das Medizin Studium zu motivieren (ich bin an sich schon sehr leidensfähig und intellektuell bin ich der Meinung würde ich es auch schaffen, aber wenn man nur von so schlechten Aussichten nach dem Studium hört und so viele negative Berichte hat, sinkt die Motivation schon, sich durchs Studium zu bringen... viele Medizin Studenten, denen ich an der Uni begegnet sind, meinten Sie würden sich zum lernen motivieren weil Sie wissen wo es Sie hin bringt und dass es sich lohnt, aber ich frage mich dann, in wie fern es sich lohnen soll, wenn es dann im Beruf so miserabel werden soll und alle Assistenzärzte einen so unglücklichen Eindruck machen?). Dass die schlechten Arbeitsbedingungen größtenteils am Gesundheitssystem liegen ist mir klar, aber ist es im Job später wirklich so schlimm, oder sind es einfach viele schwarze Schafe und vereinzelte negativ Berichte denen ich da begegnet bin? Sicherlich ist es erst mal für jeden ein Schock, nach der Uni ins Berufsleben einzusteigen... und dass es so wie auch in vielen anderen Berufen auch zeitweise hohe Arbeitsbelastungen geben kann, ist ja klar, aber wenn es als Arzt ein Dauerzustand ist, der das ganze Leben lang anhält... das ist ja für den Arzt selbst ungesund und kontraproduktiv für das Gesundheitssystem...
Einerseits habe ich diese vielen negativen Berichte gehört, andererseits höre ich auch oft die Behauptung, dass Ärzte gerne mal "auf hohem Niveau jammern". Kann hier vielleicht noch mal die ein oder andere Person einen Anstoß geben oder eigene Erfahrungen beitragen?
Danke im Voraus und Beste Grüße.