Auch ich kann vieles hier geschriebenes leider bestätigen und bin mir selbst, obwohl ich das Fachliche nach wie vor sehr interessant finde, nicht sicher ob ich Medizin nochmal studieren würde.
Die Arbeitsbedingungen als Assistenzarzt sind, selbst in meinem (wie so oft angenommen) "entspannten patientenfernen" Fach der Radiologie teils katastrophal. Musste schmunzeln, als ich den Post von "GelbeKlamotten" las, die im gleichen Fach tätig zu sein scheint. Keine (Pinkel-)Pausen in den Diensten, durchzechte Nächte, Minusstunden durch Dienste und unbezahlte tägliche Überstunden, ohne die das gesamte System zusammenbrechen würde sind leider vielerorts, auch bei mir, Usus.
Obendrein nicht zu vergessen das hohe Stresslevel, die große Verantwortung, die Tatsache, dass man oftmals aufgrund von Zeitdruck den einzelnen Patienten nicht hinreichend gerecht werden kann, dadurch gemachte Fehler, die einem aufgrund der Konsequenzen länger im Hinterkopf bleiben und psychisch belasten, die lange Ausbildung in Form eines in Regelstudienzeit > 6 Jahre dauernden Studiums. Und all das für lächerliche (umgerechnet) 10€ netto die Stunde, während vergleichbare studierte Nicht-Mediziner aus dem Bekanntenkreis bereits mindestens das doppelte, wenn nicht sogar das dreifache pro Stunde verdienen, bei deutlich weniger Verantwortung, stets freien Nächten und Wochenenden und einer relativ stabilen 40 bis maximal 45h-Woche.
Ich glaube keiner hätte ein Problem damit, nachts oder am Wochenende zu arbeiten, wenn er anständig entlohnt würde und/oder Freizeitausgleich bekäme. Gelegentlich anfallende bezahlte Überstunden wären für die Wenigsten ein Drama. Die bittere Realität in vielen deutschen Kliniken sieht leider anders aus.
Und ja, natürlich kann man die Klinik wechseln, es gibt allerdings Fächer abseits von Innere und Chirurgie, in denen die in Frage kommenden Kliniken und offene Stellen sehr begrenzt sind, insbesondere wenn familiär bedingt die geographische Mobilität eingeschränkt ist.