teaser bild
Ergebnis 1 bis 5 von 5
Forensuche

Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Registrierter Benutzer
    Registriert seit
    08.10.2014
    Beiträge
    188
    Hallo,

    im Klinikalltag (Psychiatrie) bei mir kommt es immer wieder einmal vor, dass ein Patient mit Diabetes Typ 2 einen Blutglucosespiegel von über 500 hat, aber keinerlei Symptome zeigt. Ich finde dazu nichts Verwertbares in den Leitlinien: Es ist weder Ketoazidose (Test negativ) noch hyperosmolares Koma. Meist werden dann 10-12 IE Huminsulin gegeben. Manchmal ist der Blutzuckerspiegel nach 2 Stunden aber immer noch kurz unter 400. Bis zum Gehtnichtmehr Insulin nachspritzen soll man ja nicht, weil das Wirkmaximum und die HWZ dann verzögert/verlängert werden und alles etwas unübersichtlich wird (den Blutzuckerspiegel zu schnell zu stark senken so wie so nicht, das ist klar). Einen Insulinperfusor haben wir hier nicht. Kalium/Natriumkontrolle erfolgt etwas zeitverzögert im auswärtigen Labor. Ich lasse die Patienten zusätzlich auch immer viel trinken, wenn sie eine Infusion verweigern.
    Aber mir ist aus den Leitlinien nicht klar, wie da das übliche Vorgehen ist.
    Also für mich offene Fragen: Patient mit Diabetes Typ II, symptomlos, Blutzucker über 500: Erst einmal Insulin geben (10 IE) und Volumen ist klar. Dabei Kalium im Auge behalten.
    - Was mache ich, wenn der Blutzucker nach zwei Stunden kaum gesunken ist ? (z.B. noch bei 420)
    - wann verlege ich den Patienten notfallmäßig in die Innere? Würde man das von einem bestimmten Blutzuckerwert überhaupt abhängig machen? Wenn symptomlos und keine Elektrolytentgleisung wäre ich damit sehr zurückhaltend ...
    - wie sieht es mit Entlassungen aus? Angenommen, der Patient hatte sonst Blutzuckerwerte zwischen 200 und 300, am Entlasstag plötzlich morgens 500. Man findet evtl. auch noch HWI (ohne V.a. Pyelonephritis Urosepsis oder irgendetwas Schwerwiegenderes) als Infektfokus. Nach zwei Stunden mit Insulin und Wässerung knapp unter 400. Kann man ihn grundsätzlich entlassen und gleich zum Hausarzt/Diabetologen schicken, wenn symptomlos + in gutem AZ?

    Ich würde mich sehr über Infos dazu von Fachkollegen, insbesondere Internisten/Diabetologen freuen

    Viele Grüße
    Borisdiekatze
    Geändert von Borisdiekatze (28.09.2019 um 18:57 Uhr)



  2. #2
    Diamanten Mitglied Avatar von WackenDoc
    Registriert seit
    24.01.2009
    Semester:
    Bauschamane
    Beiträge
    16.362
    Kommt bei einem Typ II schonmal vor. Die Patienten adaptieren über die Zeit daran. Wir haben immer mal wieder Zufallsbefunde mit Werten bis 350mg/dl, komplett symptomlos.
    Üblicherweise werden die vom Hausarzt auf Metformin eingestellt und gut is.

    Der Harnwegsinfekt kann die BZ-Erhöhung erklären- Infekte sind eine häufige ursache für Dekompsensationen. Ich glaube, ich würde solche Patienten doch noch nen Tag länger behalten (arbeite aber schon ne Weile nicht mehr innerklinisch).
    In der Klinik hatten wir eine Tabelle, wie viel Kurzzeitinsulin es für welchen BZ es gab. Und erstmal ein Standardschema über den Tag. Wenn es dem Patienten gut geht, braucht man den Wert ja nicht runterknüppeln.
    Was für ein Fachgebiet machst du nochmal?
    This above all: to thine own self be true,
    And it must follow, as the night the day,
    Thou canst not then be false to any man.
    Hamlet, Act I, Scene 3



  3. #3
    Registrierter Benutzer
    Registriert seit
    08.10.2014
    Beiträge
    188
    Danke! Psychiatrie. So ein Spritzschema haben wir hier auch. Das Problem ist, was das beste Vorgehen ist, wenn der Blutzucker trotz Schemaspritzen nicht vernünftig sinkt. Mit 300 wäre ich zufrieden.
    Manche spritzen einfach weiter nach. Ich bin mir da unsicher wegen Maximumsverschiebung usw. Es sind übrigens auch meist Diabetiker, die ohnehin schon Insulin bekommen.

    Also Extrembeispiel bei symptomlosen Patienten: 520 + 10 IE => in 2 h bei 420 + 10 IE (nach Schema) => in 2 h 380 + 10 IE (nach Schema) => in 2 h 320: nichts mehr geben, ok. Dann erst Kontrolle wieder am nächsten Morgen und Patient hat Hypoglykämie oder Hirnödem, weil der Blutzucker verzögert noch stärker gesunken ist. So geht es ja nicht (Kalium, Natrium habe ich jetzt noch weggelassen).
    Und mit gefundenem Infektfokus fand ich das fast noch schwieriger, weil der Blutzuckerspiegel dann ja noch schlechter runtergeht. Dann bin ich noch eher bei dem Problem, dass ich laut Spritzschema unberechenbar hohe Dosen spritzen müsste.
    Ich habe es bisher eben auch so gemacht, dass ich nach den 10 IE spitzen nur noch habe trinken lassen bis zur nächsten geplanten Gabe oder Ablöse.

    Und was auch schon einmal gefragt wurde: Ebenfalls Typ2 Diabetiker, der Langzeitinsulin bekommt. Wenn der 2 h nach dem Abendessen einen Blutzucker von 100 hat und man keine Vorwerte von dem Patienten hat (Neuaufnahme), sollte man ja eigentlich trotzdem die übliche Dosis Langzeitinsulin geben können? Das ist ja lediglich das Basalinsulin. Ich habe dabei, um auf der sicherein Seite zu sein, die Dosis schon etwas reduziert. Aber eigtl. sollte das gar nicht nötig sein, sondern evtl. am nächsten Abend erst, wenn man über den Tag etwas niedrige Werte misst?
    Geändert von Borisdiekatze (28.09.2019 um 22:24 Uhr)



  4. #4
    Diamanten Mitglied Avatar von WackenDoc
    Registriert seit
    24.01.2009
    Semester:
    Bauschamane
    Beiträge
    16.362
    Bei psychiatrischen Patienten wirst wohl auch erstmal Coplianceprobleme ausschließen müssen.
    Ein ähnliches Problem findet sich auch in Pflegeheimen "bekommen den Zucker nicht in den Griff" "verstehe gar nicht, warum der Zucker so hoch ist" und auf dem Tisch steht der Traubensaft und Obst. Weil ist ja gesund, kennt man ja von früher.

    Naja- im Zweifel muss halt nachts nochmal gemessen werden. Ich glaube ich würde die Werte eher höher halten und nach Erfahrungswerten gehen.

    Der Infektfokus ist noch ein zusätzliches problem, weil der ja alles verwürfelt und eher mal zusätzliche Probleme macht.
    This above all: to thine own self be true,
    And it must follow, as the night the day,
    Thou canst not then be false to any man.
    Hamlet, Act I, Scene 3



  5. #5
    Banned
    Registriert seit
    14.07.2012
    Semester:
    FÄ 2021?
    Beiträge
    1.853
    Das Problem müsste es gar nicht mehr geben, wenn Krankenkassen und Hersteller CGM-Systeme breit verfügbar machen würden, für jeden Patient mit Hypogefährdung. Ein gutes Beispiel wie wirtschaftliche Interessen dem Patientenwohl massiv schaden können.

    Letztenendes kann es kein sinnvolles Schema F geben, wie viel Insulin bei welchem BZ Wert benötigt wird. Wenn bereits ein IDDM vorbesteht, müsste man sich zumindest am bisherigen Insulinbedarf orientieren, der kann je nach ausprägung der Insulinresistenz locker um den Faktor 10 auseinandergehen.

    Auch spielt es eine Rolle wie lang der überhöhte Wert bereits besteht. Wenn jemand seit Wochen oder Monaten mit nem Wert um 400 rumläuft, dann ist der Körper daran adaptiert und ein absenken auf Normalwerte innerhalb eines Tages kann durchaus problematisch sein, vor allem wenn noch zusätzliche kardiale Risikofaktoren bestehen. Zudem verstärkt auch ein langfristig hoher BZ Wert die Insulinresistenz, d.h. wenn der BZ gerade erst auf 400 hochgeknallt ist, ist er leichter wieder zu senken als wenn er schon lange so hoch ist.

    Letztlich würde ich auch dazu tendieren, eher langsam und vorsichtig zu senken und im zweifelsfall den patient lieber einen tag länger dazubehalten, wenn das möglich ist.
    Wenn der Patient genug Flüssigkeit bekommt und 10+ Einheiten zusätzliches Insulin bekommen hat, dann erscheint mit das Risiko bei initial Symptomlosigkeit im Verlauf noch in ein hyperosmolares Koma oder gar eine Ketoazidose zu rutschen eher gering.
    Geändert von GelbeKlamotten (06.10.2019 um 12:23 Uhr)



MEDI-LEARN bei Facebook