Liebe Kollegen,
ich hatte vor Kurzem einen Einsatz, über den ich noch viel nachdenke. Mich würde interessieren, wie ihr euch als "alte Hasen" verhalten hättet.
Einsatz Morgens 4 Uhr, Nachforderung bei Luftnot. Bei Eintreffen seht ihr einen 83-jährigen Patienten im Bett liegend, A frei, B mit SpO2 um 85%, Cheyne-Stokes Atmung, wirkt nicht atemnötig, C mit RR um 90/60 mmHg, wach, reagiert auf Ansprache mit Blickwendung zur entsprechenden Seite, gibt nur unverständliche Laute von sich, bei Schmerzreiz Beugeabwehr, Temp. und BZ in Ordnung.
Die Kollegen NFS haben euch nachgefordert, weil die anwesende Ehefrau eine Krankenhauseinweisung ablehnt. Es gibt eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht.
In der Patientenverfügung stehen die üblichen, allgemeinen Formulierungen a "Wenn ich mich in einem unabwendbaren Sterbeprozess befinde ...". Aber eben auch etwas wie "Wenn meine Erkrankung potentiell reversibel ist und Aussicht auf Heilung besteht, möchte ich eine medizinisch notwendige und sinnvolle Behandlung".
In der Vorsorgevollmacht ist die Ehefrau, der Sohn und die Stieftochter angegeben.
Die Ehefrau gibt an, dass ihr Ehemann auf keinen Fall mit ins KH wollen würde. Sie hatten ein schönes Leben und wenn er nun gehen muss, dann ist das eben so. Der Ehemann leide an Demenz, sie pflege ihn seit 5 Jahren.
Auch wenn die Erkrankung möglicherweise reversibel sein könnte und er in den nächsten Stunden und Tagen sonst versterben könnte, würde er nicht mit ins KH wollen.
Die telefonische Nachfrage beim Sohn ist ebenfalls sehr klar. Der Vater würde auf keinen Fall mit ins KH wollen.
Wie würdet ihr euch verhalten? Die Patientenverfügung ist hier wie fast immer nicht ganz klar. Vor Ort ist nicht zu klären, welches Problem der Patient genau hat und ob es möglicherweise reversibel ist. In diesem Falle würde der Patient sich eine Behandlung gemäß Patientenverfügung wünschen. Die Vorsorgevollmacht hat ja eigentlich den Zweck, die in der Patientenverfügung hinterlegten Wünsche durchzusetzen bzw. zu entscheiden, wenn die Patientenverfügung nicht zutrifft. Auf der anderen Seite sind sich die beiden Bevollmächtigten sehr klar einig, was der Wunsch des Patienten wäre.
Ich danke euch für eure Meinungen.