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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #16
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    Vor-Hölle
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    VIELEN DANK FÜR DIESEN THREAD!

    Ihr wisst ja gar nicht, wie sehr der gerade bei mir einschlägt...und mir irgendwie auch hilft!

    JA, MIR GEHTS GENAUSO UND ICH WERDE KÜNDIGEN!

    Ich-kann-nicht-mehr...Sage ich ganz ehrlich, und das liegt nicht NUR an der Arbeitsbelastung.

    Wen es interessiert:
    - Ich bin kein Berufsanfänger mehr, ich bin FA (Anästhesie), habe diverse Zusatzbezeichnungen (u.a. auch die Intensivmedizin), und war bis ca. 2019 relativ glücklich in unserem kleinen Haus der Grund- und Regelversorgung tätig, seit 2020 in TZ 80%, da ich nebenher noch andere Dinge tue, die mich tatsächlich immer glücklicher gemacht haben: Schulunterricht für Pflegekräfte und eigene Notfalltrainings sowie Notarztfahren.

    - Unsere GF hat dann gewechselt, kommunaler Träger. Massiver Druck, brutaler Absturz was Kommunikation, Wertschätzung, Perspektive angeht.
    - u.a. wurde mein Chef praktisch von heute auf morgen abgesetzt, in einigen Monaten ist er nach einer Übergangszeit weg und wurde durch eine ambulante Anästhesisten-Praxis "outgesourced". D.h. die übernehmen jetzt die Säle, sind aber dafür nicht qualifiziert genug, da wir doch auch viele schwer kranke Patienten haben.
    - Streit, Diskussionen, Ärger jeden Tag.

    - Ich wurde nun auf die Covid-Intensivstation im benachbarten Schwerpunktversorger versetzt. Alles auf Anfang. Personalmangel, Arbeiten auf Anschlag: keine Pausen, kein Trinken, kein Toilettengang realistisch möglich. Eine Covid-Aufnahme nach der anderen. Für mich relativ neu, da ich Covid bisher "nur" aus dem NEF-Dienst kenne und wir im kleineren Haus bislang Covid-frei bleiben sollten (ist jetzt auch vorbei).
    - Die Patienten kommen in Strömen, einer kränker als der andere, permanentes Telefonieren, ob man Betten hat. Ständig Bauchlage/PEEP/Intubieren/Bronchoskopieren, man kommt mit der Routine-Arbeit überhaupt nicht hinterher, alles bleibt liegen.
    - Die Pflege arbeitet sich einen Buckel krumm.

    Was mich schockiert hat: in der Covid-Box in Vollmontur sagt die knapp 60+-Schwester, die in 3 Monaten in Altersteilzeit geht, ihr ist schwindlig, und kippt auf Ex eine Wasserflasche im Gang. Anschlag.

    - Einen Corona-Bonus gab es nicht, durch Corona generierte Minusstunden 2020 aufgrund von Saalsperrungen und Zwangs-Nachhause-geschickt-worden-sein sind entgegen aller Versprechungen nie kompensiert worden.

    - Bonuszahlungen, Fahrtkostenzuschuss oder sonstige finanzielle Incentives, dass man dem völlig ausgebrannten Stammpersonal im Schwester-Haus hilft, wird es nicht geben. Dazu gab es Sätze vom Betriebsrat, die wie blanker Hohn wirken oder das "Angebot" der GF, jede Überstunde bei Auszahlung mit 1 Euro Extra zu vergüten. Auf Antrag natürlich nur.

    - Auf der Intensivstation ist für den Nacht-Dienst das Schlaf-Zimmer (nicht das Arztzimmer) unmenschlich: wird als "Knast" bezeichnet. Wenn ich euch Bilder schicken würde, da bleibt jedem aus einer anderen Branche die Spucke weg: Eine Pritsche mit Bettzeug, sonst gibt es NICHTS im Zimmer. NICHTS. Nichtmal Vorhänge. Die Toilette gegenüber: kein Klopapier, keine Seife/Desinfekt, das Waschbecken ist nicht nutzbar, weil das Abflussrohr abmontiert, es läuft aus dem Waschbecken raus. Sie wollen da jetzt eine "Lösung" finden. Klar, einfach nicht mehr hinlegen geht.

    - Und viele weitere Geschichten.

    Ich hab das nicht mehr nötig, ich werde fristgerecht zum März kündigen und bin in der Bewerbungsphase für patientenferne Jobs aus dem Medizinsektor: Industrie, Pharma, Medizinproduktehersteller, Software etc.
    Habe schon einige interessierte Rückmeldungen.

    Es ist vorbei. Ich sehr für mich keine Zukunft in der Krankenhausmedizin mehr. Momentan auch nicht in der niedergelassenen Medizin.



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  2. #17
    Diamanten Mitglied
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    1.893
    Wow, Jukka666. Tut mir leid, dass es dich so erwischt hat.

    Aber letztlich tust Du, denke ich, genau das richtige, wenn Du dich jetzt umorientierst. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei.

    Du bist auch nicht der Erste, der die Klinik verlässt und eine Alternative sucht. Corona hat die Entwicklungen nur, wie in der Pflege auch, wie unter einem Brennglas beschleunigt.



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  3. #18
    Registrierter Benutzer
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    Am Anfang habe ich die Erfahrung gemacht, dass Covid zumindest abseits der Intensivstationen die Arbeitssituation eher entspannt. Die Patienten abzuarbeiten fand ich rein medizinisch verglichen mit dem Durchschnittspatienten simpel, sodass ich an vielen Tagen auch viel "nichts" gemacht habe bis der Arbeitstag vorbei war. Lerneffekt war allerdings auch nicht wirklich vorhanden. Natürlich wurde dann irgendwann das ärztliche Personal reduziert während das Pflegepersonal deutlich aufgestockt wurde. Die Pflege hat im Unterschied zu uns eben eine Interessensvertretung die ihren Namen auch verdient.

    Coronabonus fand ich ungerecht aber ich habe nichts anderes erwartet. Wirklich jeder (auch nicht klinische) Krankenhausangestellte hat einen Coronabonus bekommen außer das ärztliche Personal. Ich hätte mich sogar über 50€ als symbolische Anerkennung gefreut aber es gab 0€. Die Krönung von alledem war dann noch, dass es für das Pflegepersonal jeden Tag kostenlose Verpflegungslieferungen gab (als ob wir keinen Hunger hätten). Die Schwestern haben aber netterweise mit uns geteilt. Ich kenne mehrere Kollegen, die sich an der Front bei ungetesteten Patienten angesteckt haben und anschließend nahe Angehörige infiziert haben, die teilweise auch hospitalisiert wurden. Coronabonus gabs natürlich keinen.

    Personalsituation? Hier eine Anekdote: Ein naher Angehöriger hat lange als Fabrikarbeiter gearbeitet. Immer wenn sich ein Arbeiter im Büro des Vorgesetzten beschwerte oder eine Bitte hatte, hat der Chef mit dem Finger auf die naheliegende Straßenkreuzung gezeigt und gesagt "Wenn es Ihnen nicht passt können Sie dahin gehen, da kommt auch der Nächste her". Genauso ist es doch bei uns auch.



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  4. #19
    Ein Huhn auf Reisen... Avatar von Moorhühnchen
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    Habe überlegt, ob ich hier schreiben soll oder nicht. Aber Dank Jukkas Beitrag mag ich doch ein paar Worte tippen.

    Ich hatte mir ja den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht, als ich mir Ende Januar 2020 überlegt habe, die ZB Intensiv zu machen. Für mich (und ich denke, ich war da nicht die einzige) war damals ja noch in keinster Weise absehbar, wie sich das Leben in den nächsten Monaten verändern würde und vor allem, dass gerade mein angestrebtes Ziel - die Intensivmedizin - so maximal unattraktiv werden würde!

    Bis dahin hab ich bei meinem Stamm-Arbeitgeber eine nette Anstellung gehabt, die mehr oder weniger voll meinen Wünschen entsprach: viel Tätigkeit im OP, Prämed eher weniger, Intensivmedizin nur rudimentär und nur in den Diensten, die in überschaubarer Anzahl zu leisten waren. Notarzt bin ich eh nie gefahren. Hätte also eigentlich so bleiben können, aber da war halt dieser Hintergedanke im Kopf, die Zusatzbezeichnung zu machen.
    Nach der ersten Welle hab ich das ganze nochmal forciert und mit einigen vielen Hindernissen dann doch noch alles geregelt bekommen, ohne meine oben genannte Stelle kündigen zu müssen, bei der es keine Weiterbildungsbefugnis gab.

    Pünktlich zum Beginn der 2. Welle hab ich dann meine erste ITS-Stelle angetreten, überregionales Traumazentrum, welches laut "Planung" bis zuletzt Covid-frei bleiben sollte. Hat genau bis eine Woche vor Weihnachten geklappt, dann bekamen wir Patienten von der Uni zuverlegt, die dort mangels ECMO-Kapazitäten aussortiert wurden und bei uns an die iLA kamen (Wir retten jeden! *hust*).
    Kurz vor Silvester wurden wir an einem Tag mit 7 weiteren Covid-Patienten aufgefüllt, weil wir das einzige Haus mit freien ITS-Betten im weiteren Umkreis waren - bei einer Kapazität von 13 unfall-/neurochirurgischen Betten waren wir ab da quasi handlungsunfähig. Für Wochen.

    Mitte Januar wurde es dann so arbeitsintensiv, dass parallel zum bestehenden Bereitschaftsdienstsystem auf Intensiv ein zusätzlicher Schichtdienst etabliert wurde - mit dem selben Personalstamm, natürlich OHNE Reduktion des OP-Programms, welches weiter munter in 11 Sälen lief. Zu dem Zeitpunkt hatte ich da schon gekündigt. Da der Schuppen aber weiter laufen muss, wurden weitere Patienten einfach im Aufwachraum beatmet - selbstverständlich bei weiter laufendem OP-Programm.

    Ich habe dann nochmal gewechselt an einen Maximalversorger mit Schichtdienstsystem - das Warum würde hier jetzt zu weit führen, alles sehr kompliziert - aber dort war alles wenigstens etwas erwartbarer! Wöchentlich wurde festgelegt, wie viele Covid-Patienten wir aufnehmen müssen und danach wurde das OP-Programm angepasst. Teilweise waren wir zu dritt im Nachtdienst bei bis zu 17 Covid-Patienten, davon 1-2 laufende ECMOs plus einige Non-Covids. Auch das war arbeitsreich. Auch hier gab es keine Pausen. Kaum Zeit zu essen. Fragwürdige PSA. Viel Einspringen bei Ausfällen. Ich habe in 9 Monaten insgesamt 10kg abgenommen.
    Aber irgendwie alles planbarer, als bei der ersten ITS-Stelle und für mich Gott sei Dank ja alles auf absehbare Zeit. Und irgendwie sind viele Covid-Patienten ja auch vorhersehbar im Verlauf. Ich habe meistens lieber die Covid-Seite betreut als die sogenannte IMC.

    Dennoch: hätte ich nicht gewusst, dass ich das maximal bis Ende August machen muss, ich hätte vermutlich alles hingeschmissen.

    Nun bin ich seit einigen Wochen wieder zurück bei meiner alten Anästhesiestelle. Von den 10kg Abnahme sind 8kg schon wieder drauf. Ich kann wieder schlafen. Essen wann ich will. Trinken wann ich will. Genieße meine Freizeit. Und mache Dienste, deren Arbeitsbelastung sehr überschaubar ist. Ob es sich gelohnt hat, weiß ich jetzt noch nicht.... vielleicht in 3 Wochen.

    Aber ich bin froh, da raus zu sein. Die 4. Welle hätte mich ganz sicher gekillt!
    Geändert von Moorhühnchen (14.11.2021 um 16:39 Uhr)
    Don't be afraid of work - fight it!!





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  5. #20
    Registrierter Benutzer
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    Vielen Dank für eure Antworten. Mir hilft das auch sehr. Ich fühlte mich teilweise schon als "Versagerin", weil meine KollegInnen das irgendwie leichter wegstecken als ich. Aber es belastet mich zu sehr, und ich bin schon ausgelaugt bevor es irgendwie richtig begonnen hat.

    Wow, Jukka666, das klingt wirklich schrecklich. Gratuliere zu dieser Entscheidung, die Klinik zu verlassen. Als FA bist du ja sowieso sehr beliebt in allen möglichen Bereichen.

    Ich glaube, man muss schon ein wenig sadistisch veranlagt sein, um sich die Klinik mehrere Jahre lang zu anzutun. Ich komme in den Wochenenddiensten auch nicht zum Essen oder Trinken. Wenn ich vor 16h mein Brot schnell essen kann (natürlich während ich nebenbei am Telefon bin oder Labore durchgucke), dann ist das schon ein seeeehr guter Tag.
    Außer natürlich, man findet die Nadel im Heuhaufen und hat einen tollen Arbeitgeber.

    Bei uns hat sogar die Verwaltung einen Coronabonus bekommen, Ärzte wohl 200 Euro (das war aber noch bevor ich dort angefangen habe).
    Habe auch letztens erfahren, dass bei uns JEDE Berufsgruppe im Krankenhaus Weihnachtsgeld bekommt - außer Ärzte. Die sind ja eh so reich.

    Also: In meinem Haus ebenfalls NULL Wertschätzung gegenüber der ärztlichen Berufsgruppe.. ah.., doch. Der Thermeneintritt in der Therme um die Ecke ist für Mitarbeiter 1,50 günstiger.

    Ich hatte auch viele Familientreffen ausgelassen - aus Angst, jemanden in meiner Familie mit Corona zu infizieren.



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