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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Registrierter Benutzer
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    13.01.2022
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    Liebe Community,
    nach langem Überlegen habe ich diesen Post nun online gestellt mit folgendem Hauptproblem: Ich fühle mich unglücklich als Arzt in der Klinik.
    Zu meiner Person: Ich habe das Studium aus eher praktischen als altruistischen Gründen getroffen: Jobsicherheit, viele Fachbereiche, in die man gehen kann, freie Standortwahl, gutes Abi + keine Ahnung als frischer Abiturient, was wirklich zu einem passt, und dann natürlich die Erwartung der Eltern, dass man etwas Vernünftiges und Gutes für einen selbst und die Gesellschaft tut. Dass ich Menschen dadurch helfe, war mir da eher zweitrangig, da ich auch Menschen kenne, die nicht Arzt sind und die ich trotzdem für sehr tolle und vernünftige Menschen halte. Ein weiterer wichtiger Faktor war noch, dass ich ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zu meinem Hausarzt habe, und ich gerne so werden wollte wie er.
    Bereits während der ersten Kliniksemester nach dem Physikum habe ich immer wieder gezweifelt, ob Medizin das Richtige für mich ist. Das Lernen war in Ordnung, wenn auch natürlich manchmal anstrengend, aber es gab kein Fach, wo ich so richtig drin aufgegangen bin. Ich habe gelernt, weil es nun mal zum Leben eines Studenten und für die spätere Zukunft dazu gehört und nicht alles im Leben Spaß machen kann. In meiner Freizeit habe ich so wenig wie möglich mit Medizin zu tun gehabt, wie es ging, weil ich mich lieber mit anderen Dingen beschäftigt habe. Wenn ich nun zurückblicke, glaube ich auch, dass meine Freunde einen Großteil dazu beigetragen haben, dass ich nicht abgebrochen habe, denn ohne das gemeinsame Leiden und die gemeinsame Freude hätte das Fach alleine mich nicht gehalten.
    Nach den ersten Famulaturen dachte ich mir, ich müsse mich vielleicht einfach an den Klinikalltag gewöhnen, dann würde ich es nicht mehr so müßig finden und mein wahres Interesse an der Medizin würde sich dann mit mehr Erfahrung ergeben bzw. mein Interesse würde dann steigen. Ich absolvierte auch eine Famulatur in einem patientenferneren Fach wie der Radiologie, und habe ein Forschungssemester für eine experimentelle Doktorarbeit eingelegt, aber auch da hat sich das Gefühl nicht eingestellt, dass dies das Richtige für mich sei.
    So war ich dann irgendwann im PJ. Auch hier blieb das Gefühl, dass ich den Arbeitsalltag in der Klinik nicht besonders mag, aber ich dachte mir, das läge bestimmt an mangelnder Erfahrung oder den Fächern (Innere, Chirurgie, Wahlfach Derma). Da ich aber sowieso Allgemeinmedizin anstrebte, und mir das von den Famulaturen neben der Radiologie auch eher am besten gefiel, dachte ich mir, ich schaffe das schon irgendwie.
    Und nun arbeite ich seit ca. 3 Monaten in der Inneren Medizin in einem kleinen Akutkrankenhaus, um Allgemeinmediziner zu werden, und frage mich, was ich hier tue. Meine Kollegen sind sowohl von den Ärzten als auch den Pflegern super nett, die Einarbeitung ist langsam, erstmal Stationsarbeit 2-3 Monate mit 8-12 Patienten im Schnitt, dann Einarbeitung in die Ambulanz, und dann nach ca. 1 Jahr Einarbeitung und Rotation in die Intensiv. Rücksprache mit erfahrenen Kollegen oder Oberärzten ist fast jederzeit möglich. Und trotzdem fühle ich mich nicht wohl.
    So langsam muss ich mir denke ich eingestehen, dass die Arbeit für den Patienten mich einfach ermüdet. Ich finde es sehr anstrengend, für andere Menschen da und verantwortlich sein zu müssen und Lösungsansätze für ihre vielen Probleme zu finden, die oft ja nicht nur einfach das Krankheitsbild selbst sind, sondern Versorgungsproblem, Angehörige und ihre Meinungen, vielleicht noch 5 weitere Komorbiditäten per Überdiagnostik zu finden wegen Geld fürs Krankenhaus, Unterlagen von 5 verschiedenen Praxen anfordern, ein Brief nach dem anderen durchhauen, schon wieder eine Viggo, PC will nicht … und dann auch immer die Überstunden.
    Trotz bester Startvoraussetzungen funktioniert mein Motto im Leben diesmal nicht, dass alles, was menschenmöglich ist und wo Wille gegeben ist, klappen kann und wird in einem solch reichen Land wie Deutschland. Aber ich bin wirklich einfach nur noch müde und werde immer gleichgültiger.
    Das merkt mittlerweile sogar mein Umfeld. Meine Familie fragt sich, weshalb ich seit einiger Zeit sehr viel unzufriedener wirke, und können das nicht richtig nachvollziehen, wenn ich versuche, meine Gefühle und Gedanken zur jetzigen Tätigkeit in Worte zu fassen. Ich habe schließlich einen ethisch hochwertigen Job, mit dem ich Menschen direkt helfen könne, ein gutes Gehalt, Jobsicherheit, nette Kollegen, eine Familie, einen Freund, gute Freunde, eine schöne Wohnung…kurzum, ein oberflächlich gesehen ziemlich perfektes Leben, um das mich wahrscheinlich 99% der Menschheit beneiden würde. Und dann jammere ich auf hohem Niveau, weil ich zu hohe Erwartungen an meine Arbeit stellen würde oder mir Mitgefühl für die Menschen fehle.
    In rationalen Momenten denke ich eigentlich nicht, dass ich faul oder nicht belastungsfähig genug bin oder mir Empathie fehlt. Aber manchmal kommen doch die Zweifel…und daraus entwickeln sich weitere Zweifel. Im Endeffekt, wenn ich dann aus meinem Gedankenkarussell ausbreche, komme ich aber zu dem Schluss, dass ich die Arbeit trotzdem nicht mag, und dass das Warum beinahe nebensächlich ist. Trotzdem begleiten mich mittlerweile oft zu den fachlichen Inkompetenzgefühlen im Krankenhausalltag noch die Inkompetenzgefühle, dass ich nach all den Jahren Studium immer noch nicht weiß, was ich wirklich will.
    Das Jahr Innere werde ich auf jeden Fall abschließen, da es mir für vieles anerkannt werden kann. Ich habe bereits nach klinikfern(er)en Fächern wie Labormedizin, Radiologie, Humangenetik, Hygiene-/Umweltmedizin gegooglet, aber habe irgendwie auch Angst, dass ich dann eins dieser sehr speziellen Fächer anfange und das Gras auf der anderen Seite doch nicht grüner ist. Was ist, wenn ich zu viel herumprobiere, das richtige Fach nie finde und in meinem Lebenslauf dann ein komplettes Durcheinander von Abbruch und Anfang steht?
    Geht es hier jemandem so ähnlich wie mir? Habt ihr irgendwelche Tipps für einen Menschen, der kein richtiges Interesse an seinem Job entwickelt?
    Viele Dank, dass ihr bis hierhin gelesen habt...



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  2. #2
    Registrierter Benutzer
    Mitglied seit
    27.10.2019
    Beiträge
    988
    Nimm dir ein halbes Jahr frei in dem du Sachen ausprobierst und arbeite fürs Geld am Wochenende als Ärztin.



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  3. #3
    Diamanten Mitglied
    Mitglied seit
    22.05.2014
    Ort
    im Rheinland
    Semester:
    4. WBJ - Labor
    Beiträge
    2.789
    Ich kann den "rant" gut nachvollziehen.

    Aber: Wenn du sagst, dass du wirklich keinen Patientenkontakt willst, weil du dadurch einfach "fertig" bist, sind Humangenetik (was ohnehin recht schwer ist, um ne Stelle zu kriegen) und auch Radiologie (v.a. auch mit dem interventionellen Kram) eher nicht die richtigen Fächer für den Exit. Auch Transfusionsmedizin (dafür müsstest du aber 18 Monate stationär arbeiten) würde ich hierzu zählen. Also dann eher Patho, Laboratoriumsmedizin, Mibi/Viro oder eben Hygiene/Umweltmedizin.

    Ich habe selber im Studium nie so ganz gewusst, welches Fach ich will und am Ende (nachdem ich es im PJ als Wahlfach hatte) Anästhesie angefangen. Habe aber rasch gemerkt, dass auch das eigentlich überhaupt nicht die richtige Wahl ist und mich halt irgendwie durch das Jahr geschleppt. Hatte Kontakt mit der Ärztekammer aufgenommen um nachzufragen, ob bei uns in Nordrhein Anästhesie als stationäres Fach der unmittelbaren Patientenversorgung für Laboratoriumsmedizin, Mibi/Viro oder Hygiene gilt. Tut es.

    Habe dann mit mir gehadert, erstmal nach Hospitationen gesucht und Corona-bedingt nichts gefunden. Mehr oder minder zufällig habe ich mich dann aber einfach auf eine Stelle für Laboratoriumsmedizin beworben (5 Monate Vorlauf, bis ich anfangen konnte) und am Ende hat es da auf beiden Seiten gepasst. In diesen Fächern ist es generell so, dass man sich hauptsächlich entscheiden muss zwischen Uniklinik (in seltenen Fällen auch andere KH - Frankfurt Hoechst hat auch ein eigenes Labor) oder dem ambulanten Sektor bei einem Privatunternehmen (in seltenen Fällen auch noch inhabergeführte Labore). Wenn man Privatwirtschaft in der Medizin grundsätzlich ablehnt wird es schwierig. Aber wie User Locustus001 (FA Laboratoriumsmedizin) mal meinte, es kommt auf das singuläre Labor an und nicht wirklich auf die Kette.

    Arbeiten tue ich jetzt seit 6 Monaten in der Laboratoriumsmedizin. Das Team ist extrem nett und man hat auch durchaus zu 98% Zeit, sich in kompliziertere Zusammenhänge einzulesen und/oder die Kolleg:innen zu fragen. Die Fachärzt:innen bei uns sind auch immer gewillt, Befunde mit einem durchzugehen oder Fragen zu beantworten.
    Momentan ist die Arbeit sehr corona-geprägt, wir haben viele PCRs, die ärztlicherseits beinahe rund um die Uhr validiert werden. Dazu (und für die Rufbereitschaftsdienste) haben alle bei uns einen Laptop und ein Smartphone für das Homeoffice. Für den Extra-Aufwand wegen Covid (also arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeiten) gibt es eine sehr gute Vergütung. Ansonsten haben wir generell ein Gleitzeitsystem, man kommt regelhaft zwischen 8 und 12 Uhr und arbeitet 8h + Pause. Mitragspause ist immer möglich, pünktlich gehen wirklich fast immer. Und im Zweifelsfall kommt man halt wann anders mal später oder geht abgesprochen früher...Wochenende ist abseits von Rufbereitschaft grundsätzlich frei, und man hat eimfach ein sozial deutlich kompatibeleres Arbeitsleben.

    Hauptarbeit in der Laboratoriumsmedizin ist natürlich Befundvalidation, also man sollte schon ausreichend gerne am PC sitzen/arbeiten, weil man das tagtäglich macht. Dazu kommen dann Sachen wie Immunfixationen, Blots, Hb-Elektrophoresen, die man manuell auswertet, oder man ist auch mal im Labor um Differential-Blutbilder zu mikroskopieren. Kontakt mit den Einsendern hat man regelhaft per Telefon, gelegentlich per Mail. Da gibts aber auch Beiträge vom Locustus001 zu.

    Ich persönlich werde definitiv im Verlauf noch die ZB Medizininformatik machen (war eh immer mein Plan) um mich noch etwas technisch breiter aufzustellen (die Labortechnikfirmen suchen ja im Zweifelsfall auch Personal). Die bietet mein AG grundsätzlich nicht an, aber man kann ja immer nachverhandeln. Ob ich das für immer machen will? Keine Ahnung. Aber ich persönlich bin deutlich zufriedener als in der Klinik, mir geht es psychisch auch deutlich besser. Ich würde den Wechsel jederzeit wieder machen.

    Ich weiß nicht, ob es für dich das richtige Fach wäre (oder ein anderes Laborfach). Du hast aber in dem Jahr ausreichend Zeit, dich umzugucken und gegebenenfalls halt zu hospitieren. Den Lebenslauf verbauen tust du dir nicht. In wirklich jedem Bereich wird es dir nicht schaden, 6 Monate Erfahrung in der Mibi/Viro oder der Laboratoriumsmedizin zu haben.



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  4. #4
    Diamanten Mitglied
    Mitglied seit
    10.01.2009
    Beiträge
    3.902
    Ich liebe zb die Histopatho, wenn man sich durchringen kann die Zeit in der Makro zu überstehen, ist das sicher auch ein cooler Job.
    Proben mikroskopieren den ganzen Tag…



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  5. #5
    agitiert Avatar von Arrhythmie
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    28.04.2014
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    Ich liebäugel ebenfalls mittlerweile mit Labormedizin (und das wo ich früher unbedingt Chirurgin werden wollte...), ziehe ein Jahr Klinik durch, damit ich eben das anrechenbare Jahr habe und dann schauen wir mal....
    "Sometimes I sit quietly and wonder why I am not in a mental asylum. Then I take a good look around at everyone and realize.... Maybe I already am."






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