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Thema: An W.Oertel

Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #11
    Senior Mitglied
    Mitglied seit
    06.11.2001
    Ort
    Schweiz
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    Assi
    Beiträge
    70
    Lieber Wolfgang

    Über ihren ersten Beitrag zu diesem Betreff musste ich ganz stark schmunzeln: es kam mir vor, als würden sie aus meinem Studiums-CV schreiben! Es ist nett, dass sie Bedauern mit uns haben, aber das ist nicht nötig. Nebst all dem Gejammer, das wir hier im Forum ablassen (dass ja als Ventil durchaus erwünscht ist), ist - wenigstens aus meiner Sicht - das Leben als Medizinstudent ganz toll (mit Ausnahmen, klar - aber wo gibts die nicht??) Gäbe es ein spannenderes Studium?

    Auch ich arbeite - da ich soz. ein statistischer Ausreisser aus meiner "Arbeiterfamilie" bin - zusätzlich zu meinem Stipendium noch auf der chirurgischen und medizinischen Notfallaufnahme, bin in der Anatomie in der Studentenausbildung des 1. und 2. Jahres angestellt und verdiene mir mit Korrekturlesen und Indexieren von historischer Literatur gelegentlich noch was dazu. Daneben sitze ich einmal wöchentlich zu den Statistiker in die Vorlesung rein und gehe ausserdem einmal pro Woche in meinen Sprachkurs. Es gibt also noch ein Leben neben der Medizin!

    Es gibt Zeiten, da hat man tatsächlich das Gefühl, der Tag müsste 48 h haben und alles wächst einem über den Kopf. Aber war das nicht auch schon zu ihrer Zeit so, Wolfgang? Ich denke, im Rückblick sieht man so vieles verklärter. Oder was denkt ihr jetzt über das Physikum?

    Was ich als wirklich bedenklich empfinde, ist der (wachsende?) Konkurrenzdruck unter den Studierenden (s. Thread im allgemeinen Forum). Doch da muss ich den Ball auch wieder zurückgeben, lieber Wolfgang, nicht an Sie persönlich, aber an Ihre Generation, bzw. die Dozenten. Meist ist Wissen, das einzige, das zählt. Gnadenlos werden ganze Bücher hirnrissigen Stoffs (in Bezug aufs Auswendiglernen, nicht Inhalt) klipp und klar verlangt; bspw. das Auswendiglernen von diversesten TNM-Klassifikationen - um Himmels willen, sowas kann man doch nachschlagen!!

    Auch ist es wesentlich leichter, eine gute Stelle mit guten Noten zu kriegen als mit einer guten ärztlichen Sozialkompetenz.

    Ich persönlich sehe meiner beruflichen Zukunft auch ein wenig sorgenvoll entgegen; mein klares Berufszielfeld ist die viszerale Chirurgie; dies nicht einfach so als naiver Berufswunsch, sondern nach diversen freiwilligen Praktika auf diesem Fach. Gerade während diesen Praktika ist mir aufgefallen, dass man in der Chirurgie "ohne Rasierklingen an den Ellbögen" nicht weit zu kommen scheint - und als Frau sowieso. Nun frage ich mich stark, ob es hier tatsächlich reicht, nur "gut" zu sein, oder ob die Arroganz halt ein sine qua non für dieses Berufsziel ist - und ob auch Arroganz lernbar ist?

    Nun denn, langer Rede kurzer Sinn: La vita è bella, bellissima als Mediziner, und als Student noch viel mehr - lassen wir es uns nicht vermiesen!!

    Liebe Grüsse aus der Schweiz



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  2. #12
    Guest
    mmmhhh Motivation für das Medizinstudium? Das ist eine gute Frage. Habe selbst schon öfters darüber nachgedacht.
    Erst mal bin ich nicht wirklich geprägt worden durch meine Eltern. Sprich keine Ärztefamilie mit langer Tradition. Meine Mutter ist allerdings Arzthelferin. Vielleicht kommt das Interesse am Menschen und seinen Wehwehchen daher.
    Während der Schulzeit wollte ich noch alles mögliche werden. Über Journalistin, Rechtsanwältin bis zur Polizistin.
    Habe aber sicherheitshalber doch den Medizinertest mitgemacht. Einfach zum Spaß, ohne vorher zu lernen.
    Nach dem Abi habe ich mich nach dem Krankenpflegepraktikum entschieden noch ein Soziales Jahr dranzuhängen. Das war für mich auch die richtige Entscheidung. Dabei habe ich gemerkt wie schön es ist mit anderen Menschen zu arbeiten. Ich war ein Jahr in der ambulanten Altenpflege tätig. Und nirgends bekommt man so viel Dankbarkeit für seine Anwesenheit gezeigt wie da.
    Nun ja, jetzt neigt sich das Studium dem Ende und ich habe etwas Angst davor, was mich im Krankenhaus erwartet. Es ist ja nicht das beste was man darüber hört.
    Werde es mir ansehen und falls ich merke, daß ich mein Bedürfnis nach Menschlichkeit nicht einbringen kann, dann werde ich mir einen anderen Beruf suchen.
    In diesem Falll würde ich auf einen besser bezahlten umsteigen bei dem es von anfang an nicht auf soziale Kompetenz ankommt.

    Sandra



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  3. #13
    Senior Elderman
    Mitglied seit
    17.10.2001
    Semester:
    72 ;-)
    Beiträge
    12
    Liebe Xanthippe,

    es ging mir auch auch weniger um Bedauern oder Mitleid - an den Zeitläufen und Entwicklungen können wir, ganz konkret auf die aktuelle Situation, ohnehin selten etwas ändern.
    Die Folgen von Reformen - im Guten, wie im Schlechten - bekommen meist erst ein oder zwei Jahre später Ihre Bedeutung.

    Natürlich war auch zu meiner Zeit nicht alles Gold und nicht alle in der Kommilitonenschaft persönliche Freunde/Freundinnen; selbstverständlich hatten auch wir - mangels schriftlichen Staatsexamens - bei den mündlichen Prüfungen in 3er- oder 4er- Gruppen bei einigen Ordinarien die Hosen gestrichen voll.

    Erstaunerlichweise waren es gerade die älteren Professoren, bis auf einen, die die Prüfungen mit sehr viel Menschenkenntnis und Einfühlsamkeit abhielten.

    Nein, ich meinte - und das war auch der Tenor an Christoph, dass ihr mit Theoriewissen vollgestopft werdet, nicht anders, aber mehr als wir und dass die Erfolgskontrollen und damit der Studienfortschritt brutaler geworden sind.

    Bei uns konnte auch - in einer guten Prüfungsgruppe - ein Kommilitone sein Befriedigend bekommen, wenn die Gruppe in sich geschlossen auftrat und keiner sich als Streber profilierte.

    Gerade diese älteren Professoren konnten oft mit schlafwandlerischer Sicherheit zwischen Prüfungsangst und inakzeptabler Prüfungsvorbereitung, d.h. wirklich fehlendem Fachwissen unterscheiden. So etwas kann kein MC-Fragebogen!

    Und das mit dem Senior Elderman, war einfach mein Angebot, eine Brücke zwischen 95% Therorie und 5% Praxis, die ihr ins Krankenhaus mitbringt und meine 95% Praxis und 5% Theorie, die ich mitbringe, zum wechselseitigen Erfahrungsaustausch anzubieten.

    Ich denke, dass mir jeder halbwegs gut lernende Medizinstudent in der Therorie der meisten Fächer haushoch überlegen ist.
    Aber egal was ihr jetzt lernt: ihr werdet á la long sehr schnell das Wichtige vom Unwichtigen trennen und letzteres im Langzeitgedächtnis verschwinden lassen.

    Und eines kann ich wirklich versprechen, in dem Masse wie die fachbezogene Praxis und das zugehörige Theoriewissen in der späteren Weiterbildung im Krankenhaus wachsen, geht das Theoriewissen für alle anderen Fachgebiete umgekehrt proportional verloren.

    Ich habe mich sehr über Deinen Artikel erfreut, zumal er mich an eine sehr schöne Assistenzarztzeit im KSp Winterthur in der dortigen Chirurgie und Anästhesie erinnert.

    Herzlichst - Dein Wolfgang
    Geändert von w.oertel (11.04.2002 um 09:06 Uhr)
    Dr.med. Wolfgang Oertel - 23769 Burg a.F. - ([email protected])



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  4. #14
    unsensibel Avatar von Lava
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    20.11.2001
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    schon wieder woanders
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    FA
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    30.090
    Na gut, dann packe ich auch mal aus. Ich muss gestehen, dass ich ohne diverse TV Serien (ER, Chicago Hope) sicher nicht auf die Idee gekommen wäre, Medizin zu studieren. Ich fand und finde es immer wieder beeindruckend, wie schnell Ärzte in Notsituationen reagieren und wie viel sie eigentlich wissen. Ach ja, das Wissen... wie viele hier im Forum interessiert es mich brennend, wie der menschliche Körper funktioniert. Allerdings nicht nur das. In der Schule hat mich praktisch alles interessiert. Biologie, Geografie, Chemie, Englisch, Latein, Kunst... deshalb hat mein Berufswunsch entsprechend oft gewechselt. In den letzten 3 Schuljahren hatte ich mich allerdings schon ziemlich auf Medizin festgelegt. Ich glaube, dass ich mit dem Fach mehrere meiner Interessengebiete abdecken kann: man kann im Ausland tätig sein, vielleicht sogar bei einer internationalen Irganisation, in der Entwicklungshilfe gibt es Einsatzmöglichkeiten, meinem Forscherdrang kann ich in der Forschung nachgehen und wenn alles nix wird, kann ich immer noch eine "normale" Ärztin werden.

    Sie haben bei jugend forscht teilgenommen?? Willkommen im Club! Sie sind der erste Mediziner, den ich kennen lerne, der auch bei jugend forscht mitgemacht hat. Mir schießen glatt die Tränen in die Augen. War das nicht absolut klasse? Für mich war es eins der schönsten Erlebnisse meines bisherigen Lebens. Eigentlich wollte ich nur mal mitmachen, um zu sehen wie es so ist. Eine Freundin von mir hatte schon einmal teilgenommen und mir vorgeschwärmt, wieviel Spaß der Wettbewerb macht. Total unerwartet sind wir dann vierte im Bundeswettbewerb geworden und haben sogar einen Sonderpreis gewonnen. Das Forschen an sich war schon sehr anstrengend. Viele Rückschläge, viele Sackgassen, viel Zeitaufwand. Dafür hat es sich aber gelohnt. Am besten fand ich es, dass wir von der Jury - die immerhin aus wichtigen Leute bestand (u.a. dem Vorsitzenden der Vereinigung deutscher Geologen oder sowas) - ernst genommen wurden.
    Das Projekt hatte übrigens rein gar nichts mit Medizin zu tun. Allerdings hat mit jugend forscht gezeigt, zu was junge Menschen eigentlich im Stande sind. Leider fehlt mir diese Anerkennung jetzt doch sehr. In der Anonymität des Studiums gehen die Stärken des einzelnen total unter. Deshalb hoffe ich, ich finde ein interessantes Thema für meine Doktorarbeit.

    Vielen Dank übrigens, dass Sie sich an der Diskussion beteiligen, Herr Oertl!
    "tja" - a German reaction to the apocalypse, Dawn of the Gods, nuclear war, an alien attack or no bread in the house Moami



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  5. #15
    Senior Elderman
    Mitglied seit
    17.10.2001
    Semester:
    72 ;-)
    Beiträge
    12
    Liebe Janine,

    das mit Jugend forscht ist wirklich ein seltener Zufall, ich habe die Atmosphäre ähnlich empfunden und auch genossen - jeder ist ein bischen eitel und geliebt wollen wir alle werden.

    Das mit der primären Motivation und den Fernsehserien mag verstärkend oder dämpfend wirken; ich glaube nicht und insofern sind wir auch da einer Meinung, dass diese "Anreize" wirklich ursächlich sind.
    Meines Erachtens sind die Eingangsvoraussetzungen für jeden sozialen Beruf:
    1. Erlebte und gewünschte - aber nicht bekommene - positive Sozialkompetenz der Eltern und der Umwelt bis zum Zeitpunkt der Berufswahl (Prägung)
    2. Die Fähigkeit bzw. Bereitschaft selbst sozialkompetent zu werden zu wollen (Veranlagung + Lerneffekt)
    3. Die Bereitschaft, sich auf den Umgang dirketen Kontakt zu anderen Menschen einlassen zu wollen (Persönliche Einstellung)
    4. Kommunikationsfähigkeit - zwischen Zuhören und Reden - und Menschlichkeit ohne Arroganz und Standesdünkel (Karakter).

    Danach stehen einem je nach Schulabschluß eine Viezahl von Berufsbereichen offen, bei denen man den direkten Umgang mit anderen Menschen finden kann und der Konfrontation mit deren Nöten, Sorgen und Ängsten fachlich wie menschlich, auch mit nötigen eigenen, inneren Stabilität, standhalten und helfen kann,
    es aber auch ertragen muss, wenn man als hilfloser Helfer nichts ausrichten kann.

    Im akademischen Bereich sind dass das Lehramt, der Arzt- und Rechtsanwaltsberuf an vorderster Stelle, wobei die Gesellschaft erstaunlicherweise immer noch die Gruppe der Ärzte sehr weit vorne bzw. an der Spitze in der Bewertung des Sozialprestiges ansiedelt.
    Im Rahmen subspezialisierter Studiengänge über Fachhochschulen kommen da sicher noch eine große Zahl ander extrem sozialnaher Berufe hinzu - aber da fehlt mir einfach der systematische Überblick, ganz zu schweigen von den nichtakademischen sozialnahen Berufen, worunter für uns, in diesem Forum natürlich auch Kranken-/Altenpflegeberufler, die FunktionsbereichsmitarbeiterInnen und auch alle anderen Menschen zählen, die im Krankenhaus arbeiten - ausgenommen die VerwaltungsmitarbeiterInnen - vom Pförtner bis zum technischen Dienst und von der Stationshilfe bis zum Stab der Reiningungsmitarbeiter.

    Spannend ist der ärztliche Beruf auf jeden Fall, für den Bakteriologen, Pathologen usw. genauso wie für den Kliniker bzw. niedergelassenen Arzt.
    Entscheidend ist aber, dass die Spannung
    1. nicht zum Selbstweck der Motivation wird, sondern den Patienten als Menschen mit dessen sozialen Umfeld im Blick behält
    2. es zulässt seine Arbeit so zu gestalten, dass man in seiner Freizeit auch entspannt - zur eigenen Regeneration und zur besseren Präsenz gegenüber den Patienten und
    3. einen nicht besessen macht, den Unterschied zwischen schicksalhaftem Verlauf einer Krankheit und persönlichem Versagen aus dem Auge zu verlieren.

    Herzliche Grüße - Dein Wolfgang
    Geändert von w.oertel (11.04.2002 um 10:08 Uhr)
    Dr.med. Wolfgang Oertel - 23769 Burg a.F. - ([email protected])



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