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Zitat von
][truba][
[...]Viel eher finde ich, dass viele meiner Kollegen sich schon während unserer Aufnahme zu wenig Gedanken um den Patienten im Allgemeinen machen. Wenn jemand ein (beginnendes) metabolisches Syndrom hat oder älter und eine arterielle Hypertonie und Raucher ist, dann brauch er eben mal ein EKG (und ja, in meinem Haus gibt es auch Narkosen ohne das ein EKG geschrieben wurde, was mich heute noch wundert). Oder wenn ein COPD´ler schon im Liegen aus dem letzten Loch pfeift, schick ich ihn gleich mal zur Spiro. Viele meiner Kollegen machen das nicht und wundern sich dann, dass der Anästhesist "mal wieder" ein EKG/Spiro etc. will.
Da muss ich mich nicht wundern und generell mache ich mir doch mehr Arbeit damit nicht gleich mal mitzudenken. Ich meine in der Anästhesie sitzt eben auch ein Mensch, der ne Entscheidung treffen muss ob er Patienten nun eine Vollnarkose zumuten kann oder nicht. Kein Chirurg würde ohne ordentliche Bildgebung operieren, warum sollte ein Anästhesist gänzlich ohne Befunde arbeiten?
Ich fände aber auch besser, wenn der Anästhesist sich dann gleich um die Befunde kümmern müsste, die er haben will. Allerdings ist das auch nur umsetzbar, wenn vorher (bei chirurgischer Sichtung) nicht einfach der Gedanke "Kann ja der Anästhesist machen" dazu führt, sich selber keine Gedanken machen zu müssen.
Ich finde es interessant zu sehen wie es woanders ist. Ich habe zuerst in einem Haus gearbeitet in dem es keinerlei anästhesiologisch veranlasste Diagnostik gab. Der Patient wurde über sein (massiv) erhöhtes Risiko aufgeklärt und das war's. Chirurgenmekka.
Jetzt ist es deutlich anders. Als elektive OPs werden neue Herzgeräusche oder neu aufgetretenes Vorhofflimmern abgesetzt bis eine Diagnostik gelaufen ist. Bei der Belastbarkeit gucken wir nach Dynamik und vorhandener Therapie. Wer seit Jahren schlecht ist, den werden wir nicht plötzlich besser kriegen. Wenn mir ein Patient erzählt, dass er bis vor 2 Monaten problemlos die Treppe hochkam und jetzt nach einer Etage Treppensteigen Luftnot hat, Nykturie bekommen und nicht mehr flach schlafen kann, dann ist der vor einer elektiven OP ebenfalls zur Diagnostik fällig. Das hätte der schneidende Kollege aber auch vorher rausbekommen können.
Wobei die Helden bei uns die Urologen sind. Die Anamnese besteht lediglich aus dem Satz "Die ausführliche Anamnese des Patienten bitten wir als bekannt vorauszusetzen" und dann werden nur die urologischen Vordiagnosen aufgeführt. Da entblödet man sich auch nicht den Patienten der luftschnappend an der Bettkante im Kutschersitz sitzt und innerhalb von 6 Wochen eine Reduktion der EF von 35% auf unter 20% hat alle zwei Tage neu zur OP anzumelden, weil die internistische Therapie greift. Dagegen ist der Unfallchirurg der ganz gewissenhaft das Bein untersucht und die Ödeme bis unter die Patella geflissentlich übersieht ja harmlos.
Letztlich ist das eine Frage der Dringlichkeit. Bei den 90+ pertrochantären steht die Indikation nun einmal zur Nagelversorgung. Die bekommen (Wach)Arterie, ZVK und nen Bett auf der Wache und dann muss das gehen. Genauso wie der Patient mit III° Aortenstenose und gerade noch resektablem Zufallsbefund-HCC gehen muss. Das wird zwar kippelig, aber hilft ja nichts. Den anämen Patienten mit schwerster Mitralinsuffizienz und schwergradiger pulmonaler Hypertonie mit Gehstrecke von 20m haben wir dagegen ohne Klappenrekonstruktion abgelehnt.