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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Registrierter Benutzer Avatar von Weltbester_Karlsson
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    Hallo zusammen,

    ich lese seit geraumer Zeit im Forum "facharzt.de" mit und stieß dabei heute auf eine interessante Analyse der Situation für angehende niedergelassene Ärzte von Steffen Kroll, Facharzt für Allgemeinmedizin. Ich habe die Zustimmung des Autors, seinen Beitrag hier zu posten:

    "Sehr geehrte junge Ärztinnen und Ärzte in Deutschland!
    Entscheiden Sie sich!

    Auch wenn ich erst seit zehn Jahren „selbstständiger Vertragsarzt“ (die Definition dieses Begriffes wird sich aus dem Zusammenhang dieses Aufrufes ergeben) bin, möchte ich nicht erst in 30 Jahren in vor Weisheit strotzenden Memoiren meine Erfahrungen an Sie weitergeben.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie sind in Gefahr. Unser Beruf ist in Gefahr.
    In den letzten Jahren haben Sie im Studium der Humanmedizin enormes medizinisches Wissen angehäuft.
    Sie haben sich immer wieder selbst geprüft und Sie haben sich immer wieder prüfen lassen.
    Sie haben immer mehr Qualifikationen erworben.
    Und dann haben Sie erste Erfahrungen gesammelt, haben eine erste Sicherheit erworben in der Anwendung von medizinischer Theorie, von Diagnostik, von Therapie und Sicherheit im gewissenhaften Umgang mit den Menschen, um die es eigentlich geht: Den Patienten.
    Was auch immer Ihr Motiv dafür war, diese schwere Ausbildung auf sich zu nehmen, nun glauben Sie sich fast alle am Ziel.

    Sie sind Arzt.

    Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte da eine wichtige Einschränkung vornehmen.

    Sie sind Arzt in Deutschland.

    Das ist etwas anderes als Arzt in Schweden, in der Schweiz, den USA oder Australien.
    Der Wert Ihrer Qualifikationen, der Wert Ihrer Arbeit wird hier anders geschätzt.

    Lassen Sie es mich Ihnen erklären:

    Mehr oder weniger haben Sie wahrgenommen, dass die Ärzte aus den Krankenhäusern gestreikt haben, für bessere Arbeitsbedingungen, für menschlichere Arbeitszeiten, für gerechtere Entlohnung.

    Mehr oder weniger haben Sie wahrgenommen, dass die niedergelassenen Ärzte zu Tausenden auf den Strassen waren, für Bürokratieabbau, für bessere Honorare, für Therapiefreiheit, gegen Regresse usw.

    Wo sind die streikenden und protestierenden Ärzte alle hin?
    Ist jetzt plötzlich alles besser geworden?

    Mitnichten!

    Viele sind müde von der täglichen Arbeit.
    Viele sind frustriert.
    Viele sind wie gelähmt.
    Viele sind zerstritten.
    Viele haben schon längst ihre innere Kündigung abgegeben.

    Viele haben sich vor Jahren mit Haus und Hof Ihrer Praxis verschrieben, haben sich in Erwartung der Sicherung Ihrer beruflichen und privaten Existenz zu bestimmten „vertragsärztlichen Bedingungen“ in eigener Praxis niedergelassen und hoch verschuldet, um genau dass zu sein, was Sie geworden sind: Arzt sein, für die Menschen da sein.

    Ohne dass man es Ihnen mitgeteilt hat, sind viele dieser „vertragsärztlichen Bedingungen“ gekündigt worden.
    Ohne dass man es Ihnen mitgeteilt hat, hat man ihre Leistungen stetig abqualifiziert, den Wert Ihrer Arbeit für teilweise überflüssig und ineffektiv erklärt und den Zufluss von Geldmitteln für diese überflüssige und unqualifizierte Leistung stetig geringer ausfallen lassen.

    Zusammenfassend könnte man sagen:
    Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland erfüllen nicht die Bedingungen und Erwartungen, die man an Sie hat.
    Dafür werden Sie laufend bestraft. Mit Regressen, mit noch mehr Bürokratie, mit Zwang zur Teilnahme an völlig überflüssigen, teils minderwertigen, oft zeitlich aufgemotzten Seminaren und Fortbildungen, mit einem an Intransparenz und Widersprüchen nicht zu überbietendem Abrechnungssystem, mit noch mehr Kontrolle.

    Der größte Dorn im Auge der Gesundheitspolitik ist die kleine, schnell erreichbare, zuwendungsorientierte und effektiv problemlösende Einzelpraxis.

    Der größte Dorn im Auge der Gesundheitspolitik ist der freie, seinem im Studium der Medizin erworbenem Wissen und seinem Gewissen verplichtete, schwer steuerbare Arzt.

    Das größte Problem in diesem Gesundheitssystem sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

    Sie, Ihr tägliches Handeln und Tun, Ihre Profession, Ihr Engagement, Ihre Arbeitskraft, Ihr Können, sind zur Projektionsfläche von Staat, Politikern, Krankenkassen und Gesundheitswissenschaftlern geworden.

    Nun erwarten Sie zurecht Hilfe.
    Sie erwarten einen Aufschrei aus den eigenen Reihen.
    Sie erwarten Unterstützung für Ihre Leistung.
    Zuallererst mal von dem Mann, den wir an unsere Spitze gewählt haben, von Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. Hoppe.
    Oder von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
    Oder von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern vor Ort.
    Oder von den ärztlichen Verbänden, allen voran vom Hartmannbund.
    Oder von den Fachverbänden.
    Oder vom Hausärzteverband.

    Nichts!
    Keine Gegenwehr!

    Hier bin ich in meinen Ausführungen an einen ganz entscheidenden Punkt angelangt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

    Unser Beruf hat von jeher Begehrlichkeiten und Ängste geweckt.
    Eine sorgsam ausgeklügelte Sozialgesetzgebung, ein komplexes System der Selbstverwaltung und hohe Hürden und enge Grenzen für die ärztliche Berufsausübung haben diese Begehrlichkeiten und Ängste, egal von welcher Seite, jahrzehntelang in Ihre Schranken gewiesen.

    Nun aber werden wir alle Zeuge einer völlig neuen Dimension von Einflussnahme und Begehrlichkeiten.

    Lag in der Vergangenheit der größte manipulative Einfluss auf die Ärzteschaft bei der Pharmaindustrie oder falsch verstandenem wissenschaftlichen Ehrgeiz, so betreten nun andere Spieler die Bühne.
    Konnte sich der einzelne Arzt den manipulativen Einflüssen der Pharmaindustrie und der Wissenschaft zumindest noch so weit entziehen, dass er seine wirtschaftliche Existenz durch diese Entscheidung nicht aufs Spiel setzte, so erlebt der Arzt jetzt eine völlig neue Qualität und Dimension der Manipulation.
    Diese Art der Manipulation ist sehr viel subtiler.
    Diese Art der Manipulation ist sehr viel tief greifender.
    Diese Art der Manipulation ist sehr viel radikaler.
    Diese Art der Manipulation lässt dem Arzt keine Wahl.

    Den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten wird die Möglichkeit, sich zu entscheiden, gar nicht eingeräumt.
    Kodieren Sie nicht nach ICD 10, können Sie nicht abrechnen.
    Sammeln Sie nicht Fortbildungspunkte, können Sie nicht abrechnen.
    Halten Sie sich nicht an den EBM, können Sie nicht abrechnen.
    Machen Sie kein QM, können Sie demnächst nicht mehr abrechnen.
    Machen Sie keine DMP, können Sie zwar abrechnen, machen aber immer weniger Umsatz.
    Verschreiben Sie „zuviel“, müssen Sie dafür bezahlen, verschreiben Sie „zu wenig“ bekommen Sie einen Bonus.
    Lassen Sie nicht die e-card in die Praxis, werden Sie nicht abrechnen dürfen.
    Ärzte, die sich nicht "integrieren" lassen, werden bald nichts mehr abrechnen können.

    Diese Art der Manipulation nennt man "Qualität".
    Und diese Art von "Qualität" hat ihren Preis:
    Ärzte, die hier nicht mitmachen, verlieren ihre Existenz.

    Die private Gesundheitswirtschaft steht schon in den Startlöchern, die gesetzgeberischen Änderungen sind wie für sie gemacht.
    Die privaten Krankenversicherungen liebäugeln angesichts der Risiken ihrer Branche auch schon mit den Segnungen der Kassenmedizin.

    Staatliche Manipulation unter Umgehung rechtsstaatlicher Bedingungen?
    Der Staat nutzt geschickt die Zwänge und Rahmenbedingungen der Sozialgesetzgebung aus.
    Er tut noch viel mehr.
    Er setzt das Prinzip der Gewaltenteilung in der Sozialgesetzgebung völlig außer Kraft.
    Staatliche Manipulation erfolgt geradewegs über die Einrichtungen der Selbstverwaltung.
    Legislative, Exekutive und Judikative
    BMG, Parlament, KV und Kassen, Sozialgerichtsbarkeit.
    Erst durch diese Institutionen, erst durch den Missbrauch dieser Institutionen in einem gesetzgeberischen Kontext, der sich über die verfassungsrechtlich garantierten Rechte und Pflichten aller Beteiligten stellt, kann ein Zustand der Steuerung und Kontrolle hergestellt werden, der die Manipulation des einzelnen Arztes und der Arzt-Patienten-Beziehung überhaupt erst erlaubt.
    Wenn diese Gewaltenteilung aufgehoben wird, und die gegenwärtige Gesundheitspolitik ist nichts anderes als eine breit angelegte Aktion zur Gewaltenverschmelzung von Staat und Körperschaften, dann sind der Manipulation des ärztlichen Berufes und der Arzt-Patientenbeziehung Tür und Tor geöffnet.
    Weitere Tragik.
    Wenn die „4. Gewalt“, die Presse der Bundesrepublik Deutschland, nicht in der Lage ist diesen Zustand zu analysieren, zu kommentieren und zu kritisieren und sich statt dessen vor den Karren des BMG und der Gesundheitsindustrie spannen lässt, dann ist die Manipulation nahezu perfekt.
    Wohl in keinem anderen Land dieser Erde, das von sich behauptet eine „Demokratie“ zu sein, werden Ärzte soviel manipuliert, ohne das darüber öffentlich oder privat gesprochen wird.
    Die Drohung des Gesetzgebers, den kollektiven Ausstieg der Ärzte aus diesem Vertragsarztsystem mit einer 6-jährigen Verbannung zu belegen, ist in Stein gemeißelter Skandal, aber noch lange nicht der Gipfel.
    Der ist erst erreicht, wenn die Veröffentlichung der Anzahl "berechtigter Überweisungen" oder "berechtigter Krankenhauseinweisungen" oder "unnützer Rezepte" zum neuen, eigentlichen Qualitätskriterium der Praxen schlechthin ernannt wird.



    Hier sind wir an den Punkt angelangt, der mich sprachlos macht, der mich verzweifeln lässt.
    Erwarten Sie keine Vernunft.
    Erwarten Sie keine Hilfe.
    Erwarten Sie keinen Aufschrei.
    Erwarten Sie keine Unterstützung.

    Hier fehlt etwas.
    Hier versagt etwas.

    Der Arztberuf in Deutschland ist zum Spielball der Politik, von Bürokraten und Technokraten geworden.
    Auch in den eigenen Reihen.
    Die ärztlichen Institutionen und Organisationen in Deutschland sind zum aktiven Helfer oder passiven Zuschauer dieses Spiels geworden. Ein Kokkettieren mit Macht, Stellung, Geld und Eitelkeit darf dabei nicht ausgeschlossen werden. Fehlendes Verständnis ebenfalls.

    Ein neuer (alter?) kategorischer Imperativ für ärztliches Handeln in Deutschland ist nicht in Sicht.

    Bis dieser nicht gefunden ist, möchte ich Ihnen davon abraten in Deutschland den Beruf des Arztes zu ergreifen.

    Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit."



  2. #2
    verfressen & bergsüchtig Avatar von Evil
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    31.05.2004
    Ort
    Westfalenpott
    Beiträge
    15.950
    Polemischer geht's wohl nicht
    Vielleicht sollte Herr Kroll Demagoge werden, er hat Talent...

    Wollt Ihr die totale Unzufriedenheit? *g*
    Weil er da ist!
    George Mallory auf die Frage, warum er den Everest besteigen will



  3. #3
    Verklumpungsprüfer
    Registriert seit
    30.03.2006
    Ort
    An der Biegung des Flusses.
    Semester:
    War einmal.
    Beiträge
    6.874
    Rhetorischer Aufwand ist kein Ersatz für Fakten.
    Vielleicht sollte man dieses Pamphlet in Verse fassen?
    Aber was reimt sich bloß auf "Kroll"?

    Dass klinisch tätige Ärzte nicht grade den Job mit der besten Kohle:easy life-Ratio gewählt haben, ist eine Nachricht, die irgendwann zur Zeit von König Hammurapi einen gewissen Neuigkeitswert hatte. Aber die die Ansprüche sind halt in jedem Berufsfeld für Hochqualizifierte ziemlich knackig. Auch als Jurist, BWLer und Ingenieur hat man die Chance auf seinen individuellen burn-out. Wenn die Ärzteschaft ihr Berufsfeld positiver ausgestaltet sehen will, geht das letztlich nicht, ohne, dass die Gesellschaft da mehr Geld reinsteckt (u. U. auf Kosten anderer Berufsfelder). Und obige K(r)ampf-Rhetorik wird nicht besonders hiflreich dabei sein, in der Gesellschaft eine entsprechende Bereitschaft zu wecken.



  4. #4
    SchwesterStefanie
    Guest
    Auf Wunsch des Users Tombow gelöscht.
    Geändert von SchwesterStefanie (04.11.2007 um 16:21 Uhr)



  5. #5
    Banned Avatar von Tombow
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    Западный фронт
    Semester:
    Штрафбат
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    Zitat Zitat von SchwesterStefanie
    Also, meine Nachbarin schwört zwar auch auf solche Verfahren, aber sie lässt das immer beim Heilpraktiker machen
    @SchwesterStephanie: Beitrag ist den Mods gemeldet. Bitte ohne Schleichwerbung, wenn es nicht so gemeint war und Link entfernen.



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