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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #41
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    Die Sache ist komplex:
    Sie haben zwar starke Schmerzen, *FALLS* sie aber eine ISG Blockierung haben sollten (was ja erstmal so nicht erwiesen ist), ist das keine bedrohliche Erkrankung, zumindest nicht akut.
    In solchen Fällen haben Kassenärzte tatsächlich einen Ermessensspielraum.

    Ferner gibt es auch einen im Vertragsartztrecht verankerten Organisationsschutz der Praxistätigkeit: Der Arzt ist nicht verpflichtet Patienten anzunehmen, die er zeitlich nicht mehr schaffen kann, ja ... die Kv'en PRÜFEN die Abrechnungen der niedergelassenen Ärzte auf Plausibilität des Zeitbedarfes der an einem Tag abgerechneten Leistungen versus der Sprechstundenzeit.

    So und jetzt kommts: Notfälle sind davon natürlich ausgenommen.
    Und nun besteht das einzige Problem darin, dass es in D keine vollständig rechtsverbindliche Definition für "Notfall" gibt - und auch vermutlich nicht geben kann.
    Einig ist man sich nur dort, wo akute Lebensbedrohung oder eine akute Verschlechterung zu befürchten ist.
    Ich müsste das recherchieren, meine mich aber sehr genau zu erinnern, dass zb im Vertragsärztlichen Regelwerk einiger Kv'en wörtlich steht:"Schmerzen, auch starke, sind nicht per se ein Notfall".

    Auf der anderen Seite steht im Ärztlichen Berufsrecht klipp und klar, dass es zu den Aufgaben von Ärzten gehört "Leiden zu lindern".
    Es steht aber *nicht* drin wie schnell sie dies tun müssen wenn keine akute Bedrohung besteht. Sie sehen, es kommt also da auf den Einzelfall an, was auch Sinn macht, denn Krankheiten *lassen* sich nun mal nicht "reglementieren" so gerne die Verwaltungssesselpupser das auch hätten.
    Das Vertragsarztrecht sagt darüber hinaus nur, dass die vertragsärztliche Versorgung "ausreichend, zweckmässig und wirtschaflich" zu sein habe, ist also butterweich.

    Was mich weit mehr wundert ist, dass diese Praxen sich trauten sie erst gar nicht anzunehmen ohne dass der Arzt sich davon überzeugt hatte, welche Diagnose überhaupt vorliegt. Denn auf Ihre berichtete Diagnose/Verdacht muss er - bei allem Respekt - pfeiffen, da DARF er sich gar nicht drauf verlassen. Er *darf* aber - nach einer persönlichen Anamnese - auch telefonisch - entscheiden. Welche haftrechtlichen Dinge er sich damit möglicherweise auflädt ist dann sein Problem.

    Die Gerichte achten heute besonders darauf, wie der Arzt sich bzgl der Dokumentation seiner Entscheidungen verhält und wie er jene absichert. Dh die differenzieren da inzwischen recht genau auf den Einzelfall.

    Anders sieht es tatsächlich aus, wenn Sie in der Praxis mit Beschwerden auftauchen. Da gibt es bereits hochrichterliche Entscheidungen die dahin gehen, dass der Patient ja schon im "sinne eines konkret durchgeführten Hilfegesuches handelt" und der Arzt sich dann zumindest davon überzeugen muss, dass nichts akut bedrohliches vorliegt. Also der Doc muss sie dann anschauen. Er muss Sie aber nicht therapieren wenn er das nicht für nötig hätl auch muss er keinesfalls die Therapie wählen, die Sie wünschen.
    Auch verlängerte Wartezeiten *in der Praxis* sind Ihnen dann zuzumuten, ganz einfach deswegen, weil - nach Ausschluss einer akut bedrohlichen Erkrankung - ja auch die anderen Patienten nicht dort sitzen weil sie gesund sind und einen Anspruch auf zeitgerechte Behandlung haben, insbesondere dann, wenn sie bestellt sind.

    Ob das Verhalten der beiden Praxen allerdings sehr geschickt ist, sei dahingestellt. Zumindest bedenklich.
    Polemisch gesagt: Ich gehe jede Wette ein, dass da eine Arzthelferin nach kurzem, entsetztem Blick auf den Tagesplaner allein entschieden hat

    Zitat Zitat von Flauscheding
    Weil ich trotz Schmerzen Mitleid mit den diensthabenden Ärzten hatte. Mach ich auch kein zweites Mal, das kannste glauben.
    Diese Einstellung werden Sie eines Tages möglicherweise nochmal überdenken.
    Außerdem hab ich auch noch Pflichtveranstaltungen an der Uni, zu denen ich heute hin mußte. D.h. ich hatte heute nicht wirklich Zeit mich ein weiteres Mal mit den Damen zu "unterhalten" um dann doch weggeschickt zu werden. Und da ich darauf keinen Bock heute hatte, kämpf ich mich da nun selbst durch. Irgendwann wirds besser ....
    Das würde ja eher das Vorgehen der beiden antelefonierten Praxen bestätigen

    Im übrigen schauts nach einer ISG Blockierung aus, Luxationen in diesen Gelenken sind Raritäten und bedürfen brutaler Gewalt. Das "einrenken" ist dabei ein Manöver was die beiden verkanteten Gelenkfacetten wieder löst.
    Noch was: Rezidivierende ISG Blockaden sollten Anlass zu einer subtileren Diagnostik der unteren WS und des Beckens, einschliesslich Stand und Ganganalyse führen: Denn zuweilen sind sie Symptom einer ganz anderen zugrundeliegenden WS Störung.

    WENN es eine ISG Blockade ist, was in keinster Weise erwiesen ist.

    gruss, Avalanche



  2. #42
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    "Ich müsste das recherchieren, meine mich aber sehr genau zu erinnern, dass zb im Vertragsärztlichen Regelwerk einiger Kv'en wörtlich steht:"Schmerzen, auch starke, sind nicht per se ein Notfall"."

    Wenn das stimmt, laeuft in unserem Gesundheitssystem aber einiges falsch, denn:
    Im aktuellen Notarzt-Indikationskatalog fuer Bayern werden "starke Schmerzen" als alleinige Notarztindikation, auch ohne akute Lebensbedrohung, angefuehrt.

    Subsummiert wuerde das bedeuten, dass ich einen Notarzt fuer etwas holen darf, wofuer der KV-Arzt nicht mal in sein Auto steigt. Hallo?

    Abgesehen davon: Auch in zeiten wirtschaftlicher Zwaenge, vor allem im niedergelassenen Bereich, sollte man nicht darauf vergessen, welchen Idealen man eigentlich nahesteht: Gesundheit zu schuetzen und Beschwerden zu lindern. Und auch wenn ich das Wartezimmer voll hab und es kommt jemand mit starken Schmerzen sollte man erwarten koennen, dass eine Analgesie durchgefuehrt wird (insofern moeglich) und parallel das weitere procedere, evtl. Krankentransport oder Rettungsdienst ins naechste Krankenhaus abgeklaert wird. Kein Mensch sollte imho in heutiger Zeit lang Schmerz leidern muessen, aber vielleicht hab ich auch eine falsche Vorstellung von der mordernen Medizin...



  3. #43
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    Zitat Zitat von Dr. Pschy
    "Ich müsste das recherchieren, meine mich aber sehr genau zu erinnern, dass zb im Vertragsärztlichen Regelwerk einiger Kv'en wörtlich steht:"Schmerzen, auch starke, sind nicht per se ein Notfall"."
    Wenn das stimmt, laeuft in unserem Gesundheitssystem aber einiges falsch, denn:
    Im aktuellen Notarzt-Indikationskatalog fuer Bayern werden "starke Schmerzen" als alleinige Notarztindikation, auch ohne akute Lebensbedrohung, angefuehrt.
    Subsummiert wuerde das bedeuten, dass ich einen Notarzt fuer etwas holen darf, wofuer der KV-Arzt nicht mal in sein Auto steigt. Hallo?
    Also, ich habe recherchiert und meine Frau gefragt, die ist niedergelassene Gyn.
    Der Satz gilt für den organisierten Notfalldienst der Niedergelassenen in einigen KV Bereichen und an ihm (dem Satz) arbeitet sich genau das ab, was Sie - völlig zurecht - monieren.
    Stark vereinfacht: Im Zweifelsfall - wenn der Notdiensthabende Niedergelassene überlastet oder technisch nicht in der Lage ist abzuklären, soll der Pat halt den Notarzt rufen. Man bedenke hierbei aber immer - bevor man sich wundert - dass in manchen, zB ländlichen Gebieten auch zB Augen oder HNO Ärzte am allg Notdienst mitmachen *müssen*, die haben in der Regel kein EKG wenn jemand über "Throraxschmerzen" klagt, Labor am WE meist eh nicht etc - diese Regelung ist also nicht *nur* bizarr.

    zT ist das aber auch Ausdruck der völlig schwachsinnigen, kostentreibenden und anachronistischen Trennung von ambulant/stationär in D.
    Abgesehen davon: Auch in zeiten wirtschaftlicher Zwaenge, vor allem im niedergelassenen Bereich, sollte man nicht darauf vergessen, welchen Idealen man eigentlich nahesteht: Gesundheit zu schuetzen und Beschwerden zu lindern.
    Hier wirds kompliziert.
    Ein niedergelassener *darf* im übrigen auch einen Pat mit Schmerzen abweisen, da kommt es aber auf den Einzelfall und die Details an:
    Wenn ich irgendwo mit Schmerzen anrufe, wo man mich nicht kennt, *darf* man mich abweisen weil noch kein impliziter Arzt Patienten Vertrag zustandegekommen ist. Das darf man insbesondere auch *dann* wenn zumutbare Behandlungsalternativen existieren - also noch weitere Ärzte des gleichen Faches etc.
    Ob dies medizinisch, ethisch und haftrechtlich klug ist, steht auf einem vollkommen anderen Blatt.
    Bei meinem "Hausarzt" darf man das nicht so ohne weiteres weil zwischen ihm und mir dieser implizite Vertrag besteht.

    Ob und wie "Unterlassene Hilfeleistung" vorliegt ist umstritten. In keinem Fall, sollte man von diesem Tatbestand antegrad ausgehen.
    Und auch wenn ich das Wartezimmer voll hab und es kommt jemand mit starken Schmerzen sollte man erwarten koennen ...
    Das volle Wartezimmer ist nur ein Teilproblem. Neben der Budgetierung unterliegen niedergelassene ja auch einer limitierenden Regulierung der max Fallzahl pro Quartal: Sog Fallzahlzuwachsbeschränkung. Dh eine satte Grippewelle kann einen Hausarzt diesbezüglich voll vor die Wand laufen lassen, für die Fallzahlüberschreitung (und die meist damit verbundene mehrbelastung des Medikamentenbudgets) wird er aber voll bestraft.
    Ein Beispiel, wie sich der Irrsinn das Morbiditätsrisiko auf Krankenhäuser und Niedergelassene abzuwälzen in D ausdrückt.
    aber vielleicht hab ich auch eine falsche Vorstellung von der mordernen Medizin...
    Finde ich nicht. Ich würde eher sagen, Sie haben die richtige Vorstellung und unsere Bürokraten ticken nicht ganz richtig.
    Da der Gehorsam des deutschen Arztes aber gegen unendlich strebt, darf man sich auch nicht allzusehr wundern. Ich bin in Frankreich aufgewachsen, dort haben in den 70er Jahren niedergelassene - allerdings in enger Absprache mit den Kh Ärzten (wenn sie eh nicht beides zugleich waren) - mal 3 volle Wochen lang die Praxen dicht gemacht. Notfälle wurden in den Polikliniken und Ambulanzen behandelt. Das funktionierte und die Politik war nach Absingen der üblichen Verwünschungen verhandlungsbereit.
    Aber das würde ja schon voraussetzen, dass sich in D *alle* Ärzte mal über eine Stossrichtung einigten - pure Utopie

    gruss, Avalanche



  4. #44
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    Als ich gerade zufällig auf das hier https://www.oberlandesgericht-celle....er-175435.html gestoßen bin, ist mir die Diskussion über das Thema Injektionen eines Gemischs aus Decortin und Diclofenac in den Gluteus in diesem uralten Thread wieder eingefallen.



  5. #45
    Summsummsumm Avatar von Feuerblick
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    Autsch...
    Erinnerung für alle "echten" Ärzte: Schamanen benötigen einen zweiwöchigen Kurs mit abschließender Prüfung - nicht nur einen Wochenendkurs! Bitte endlich mal merken!

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