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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #1
    Flacharzt
    Mitglied seit
    20.04.2003
    Semester:
    jenseits von gut und böse
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    2.898
    Was haltet ihr davon klinisch bekannte Patienten wiederzubeleben, die zwar noch nicht präfinal (im Sterben begriffen) waren und deren mutmaßlicher Wille nicht bekannt ist, bei denen aufgrund der Gesamtkonstellation (hohes Alter, fortgeschrittenes Tumorleiden, Ko- und Multimorbidität etc) jedoch ziemlich klar ist, dass man ihnen damit wahrscheinlich keinen Gefallen tut? Umgekehrt können einem die Angehörigen wegen "unterlassener Hilfeleistung" ans Leder, wenn man in dieser Situation der Natur ihren Lauf lässt. Ich glaube die Gesetzeslage lässt einem keine Wahl und man ist gezwungen, auch inhumane Wege zu beschreiten, die nicht im Interesse des Patienten sind. Wie geht ihr mit diesem Dilemma um?

    Vorgefertigte Patientenverfügungen scheinen mir teilweise auch nicht so hilfreich was die Rea-Situation angeht ("Wenn zwei Fachärzte unabhängig voneinander bestätigt haben und keine abweichenden ärztlichen Prognosen eines behandelnden Arztes vorliegen..."). Siehe z.B. hier: http://www.aerztekammer-hamburg.de/p...tenverfueg.htm

    http://de.wikipedia.org/wiki/Patientenverf%C3%BCgung
    Tempora mutantur, nos et mutamur in illis.



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  2. #2
    Banned Avatar von Tombow
    Mitglied seit
    18.08.2004
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    Штрафбат
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    Auch wenn es Sch...e ist, mit Reanimieren ist man rechtlich auf der sicheren Seite. Neulich gab es ein Poster auf einem Kongress, der dem Fall DeBakey gewidmet war (trotz Patientenverfügung und bekanntem Willen GEGEN lebensverlängernde Maßnahmen) wurde DeBakey an einem Aneurysma dissecans der Aorta operiert. Hat nachher das volle Programm (PEG-Anlage und alles mögliche, was einem alten Mann im Krhs passieren kann) durchlebt und als alles ausgestanden war, gesagt, er sei froh, noch am Leben zu sein.

    Aus meiner Praxis - einmal hatte ich einen multimorbigen Patienten aufgenommen..Z.n. zweimaliger ICB, mehrere Hirninfarkte, PEG, etc. Bei Aufnahme hatte er auch einen Kaliumspiegel, mit dem er strenggenommen nicht mehr unter den lebenden weilen dürfte, er tat es aber. Im Krankenhaus hat er noch dazu einen Harnwegsinfekt bekommen. Trotz seines Zustandes und der Tatsache, daß sich der Patient schon seit Jahren ungefähr soviel mitteilen könnte wie es ein Hutständer kann, haben die Angehörigen im Falle des Falles auf eine Maximaltherapie geradezu gedrängt (INKLUSIVE Intubation, Beatmung, etc.). Zum Glück könnten wir den Patienten in stabilem Zustand zurück ins Pflegehem entlassen, wo er kurze Zeit später friedlich verstorben ist. Ich kann es mir kaum denken, was passiert wäre, wenn im Krhs es soweit wäre - zum einen war der Patient hochprivat und zum anderen hatte er wirklich maligne angehörige, die auch mit dem nötigen (zumindest in der Region) Einfluß und genug Kleingeld ausgestattet waren, um einen das Leben zur Hölle zu machen. Aber im Vornherein weiß man das nie.

    Einer meiner Oberärzte hat einmal auch von einem Patienten mit ziemlich maligner und schon ausgebrannter MS berichtet, wo die Angehörigen fast tagtäglich mit Prozess gedroht haben sollen, solle der Patient nicht eine Maximaltherapie erhalten. Erst nach seinem Tod (trotz versuchter Reanimation) hat es sich herausgestellt, daß zwar eine Patientenverfügung existiert hat, die aber absichtlich wegen Erbstreitigkeiten von den Angehörigen zurückgehalten wurde.

    Insofern kann man bei unbekanntem Patientenwillen nicht viel falschmachen mit einer Reanimation. Und selbst mit einer vorhandenen Patientenverfügung ist man nicht immer auf der sicheren Seite.



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  3. #3
    Bayer auf Abwegen
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    06.10.2003
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    Assistenzarzt
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    Im praeklinischen Bereicht hat btw eine Patientenverfuegung genau 0 Stellenwert, da keinesfalls richtig eingeschaetzt werden kann, ob sie dem aktuellen Willen des reanimationspflichtigen Patienten entspricht. Auf gut Deutsch: Ausser bei einer offensichtlich nicht mit dem Leben vereinbaren Verletzung oder dem vorliegen sicherer Todeszeichen immer anfangen zu druecken.



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  4. #4
    Von hier an blind Avatar von Logo
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    30.10.2004
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    Ich werfe hier mal einen Brocken in den Raum mit dem ich Mangels Erfahrung nicht so wirklich umgehen kann bzw. dessen Aussage mir schwer fällt richtig einzuordnen.
    Anästhesist im Notfall Kurs:
    "Und wenn es im Moment oder langfristig keinen Sinn mehr macht, dann macht ihr ne Schein-Reanimation solange die Angehörigen hinter euch stehen und schauen... Beim Kind ist einfach mehr Elan da, als beim multimorbiden Opi..."

    Hat der gute Mann ordentlich vor uns Studis auf die Kacke gehauen oder beginnt man im tägl. (NEF-) Geschäft so zu Denken?

    Gruß LOGO
    Pure Vernunft darf niemals siegen!



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  5. #5
    Kognitive Sollbruchstelle Avatar von Sebastian1
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    04.04.2002
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    Zitat Zitat von Dr. Pschy
    Ausser bei einer offensichtlich nicht mit dem Leben vereinbaren Verletzung oder dem vorliegen sicherer Todeszeichen immer anfangen zu druecken.
    So eine Verletzung (Kopf liegt 5m neben dem Körper...) gehört zu den sicheren Todeszeichen Aber davon mal abgesehen hast du Recht, zumal im präklinischen Bereich meist gar nicht bekannt ist ob eine PV existiert bzw nicht die Zeit ist, in einer echten Akutsituation, sich darüber Gedanken zu machen, weil sich dann die Situation eh von selbst löst.

    In der klinischen Praxis angewendet gesehen habe ich aber durchaus DNR-Anordnungen, die fast immer Patienten mit infauster Prognose betrafen, die bereits eine intensivmedizinische Therapie erhielten (zB alte, septische, langzeitbeatmete Patienten, wo die Frage oft nur noch lautete ob man die Therapie noch weiter eskaliert oder ob man unter der laufenden Therapie den Todeseintritt abwartet).

    Menschen sterben nun einmal. Und ich fände es ehrlich gesagt unwürdig, wenn ich mich auf jeden präfinalen Patienten, der den Absprung geschafft hat, noch draufwerfen müsste, um ihm post mortem noch ein paar zusätzliche Rippenfrakturen zu bescheren. Wird ja auch nicht so praktiziert.
    Ist eben die Frage, wie da der juristische Standpunkt ist - und sicher ist die Aussage richtig, dass ich mich (juristisch) durch eine Rea am wenigsten belasten würde - ethisch sieht das aber anders aus.



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