Aaalso, ich versuche jetzt mal die ganze Sache systematisch darzustellen:

Man unterscheidet zwischen
Zivilprozess = Ziel (zumeist) Geld (das war auch die Sache vor dem OLG Stuttgart)
Strafprozess = Staatsanwalt = wenn blöd läuft Geld oder Freiheitsstrafe = Knast

Prüfungsschema wie folgt: (tiiiiief in der Mottenkisten des Studiums grab….unter Vorbehalt, ist gottseidank schon laaaaange her))
Zivilprozess
Lebensgefährtin und Patienin (=LG) begehrt Schadenersatz von Arzt (=A)
Anspruchsgrundlage = Pflichtverletzung aus ärztlichem Behandlungsvertrag
= beides mal ja, weil
a) sie war (auch) die Patientin von A = Behandlungsvertrag
b) Pflichtverletzung, weil der Arzt hat ihr etwas verschweigen, was er ihr hätte offenbaren müssen.
ABER: könnte der Arzt durch die Schweigepflicht gegenüber seinem anderen Patienten (=P) gerechtfertigt sein? = ein Schadenersatzanspruch bestünde nicht?
Schweigepflicht bestand gegenüber P unzweifelhaft, da auch er Patient des A war.
Hätte er die Schweigepflicht brechen DÜRFEN?
Ja, denn er wäre über § 34 StGB gerechtfertigt gewesen
Hätte er die Schweigepflicht brechen müssen (und da sind wir jetzt bei OLG Stuttgart)
Und damit mitten in der fröhlichen moralische-wertemässigen Diskussion
Eine Ansicht. Nein, weil Schweigepflicht absolut (wofür sich ja auch offensichtlich der Arzt im Falle der Entscheidung des OLG Stuttgart entschieden hat und der § 34 StGB kein PFLICHT zum Handeln begründet.
Andere Ansicht: Arzt hätte sich in diesem Fall über die Schweigepflicht hinwegsetzen müssen, der § 34 StGB begründet einen PFLICHT zum Handeln (= die Auffassung des OLG Stuttgart = meiner bescheidenen Meinung nach verfehlt; man kann die Entscheidung und das Risiko, das einer Ehe oder eheähnlichen oder was auch immer Gemeinschaft innewohnt, dass Partner etwas so wichtiges wie Infektion verschweigt, nicht auf Arzt abwälzen. Wäre die LG bei einem anderen Arzt gewesen, der von der Infektion des P nichts gewusst hätte, hätte sis sich trotzdem angesteckt. )

Und jetzt noch an EliteRDH: Richtig gesehen, der Arzt hat NIX gemacht, und das ist grundsätzlich nicht strafbar (wer schläft, sündigt nicht) ABER: Wenn er eine die von Dir angesprochene Garantenstellung hat, trifft ihn eine Pflicht zum Handeln.
also Prüfungsschema im Strafprozess wie folgt:

Straftatbestand Körperverletzung verwirklicht?
Nein, er hat ja nicht aktiv gehandelt.
ABER wenn er eine Garantenstellung hatte, konnte er den Straftatbestand der Körperverletzung auch durch „Nichtstun“ verwirklichen.
Dafür muss er eine Garantenstellung gemäß § 13 StGB gehabt haben.
§ 13 StGB sagt:
Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.
Hat Arzt Garantenstellung nach § 13 StGB? Ziemlich unstreitig ja aus Behandlungsverhältnis.
Also Strafbarkeit gegeben.
Auch hier geht es weiter mit Schweigepflicht etc.

Uffz. So, ich hoffe, ich habs einigermassen richtig und strukturiert dargestellt, ich ha nämlig scho ä Viertele im Ranze.
(jetzt kann man auch grob die Gegend in der ich mein Unwesen treibe, eingrenzen)
Gruß Landkrauter