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  1. #2731
    Kognitive Sollbruchstelle Avatar von Sebastian1
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    Und das sind dann die Leute, die Vollzeit-NotSan weisungsbefugt sind.
    (Ja, auch da gibt es Nulpen, aber das gilt für jeden Job. Sehr viele werden durch die Rechtslage völlig unnötig ausgebremst.)

    Und wenn man sich jetzt wieder die Äußerungen des BDA zu der Vorlage aus dem BMGS durchliest, dann triefen die vor Angst vor Macht- und Bedeutungsverlust.



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  2. #2732
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    Meine Erfahrung aus dem Notarztdienst ist, dass die meisten Notfallsanitäter keinerlei klinische Routine oder einen fundierten Blick haben, stumpf Algorithmen abarbeiten und verzweifelt in jeder 0815-Synkope einen dramatischen Notfall suchen. EKG beurteilen können die allerwenigsten, Zugänge legen nur in Paradevenen in der Ellbeuge. Insgesamt ist die 3-jährige Ausbildung ein wirklich gutes Fundament, allerdings leidet das Fachwissen in meinen Augen enorm dadurch, dass die praktische klinische Ausbildung durch Pflegekräfte erfolgt und nicht durch Ärzte. Im Alltag werden die motivierten und theoretisch gut ausbildeten Leute dann mit Bagatelleinsätzen und Krankentransporten verheizt.

    Die Notarztqualifikation finde ich per se nicht unzureichend (6 Jahre Studium, 2 Jahre klinische Erfahrung, davon in den meisten Bundesländern 6 Monate ITS oder Anästhesie), darauf kann man ausbauen. NaSIM sollte verpflichtend werden, ebenso zumindest die zentralen Buchstabenkurse und ganz wichtig - eine Mindestanzahl an Einsätzen im Jahr sowie eine adäquate Fortbildungspflicht sowie eine verpflichtende klinische Tätigkeit in Anästhesie, Intensivstation oder Notaufnahme mit mindestens 50% Stellenanteil. Damit bräuchte man sich wirklich nicht verstecken und die allergrößten Unfälle (wie die genannten niedergelassenen Kollegen mit Hobbyrettungs-Samstag) wären aussortiert.

    Viele Routineeinsätze wie Hypertension, Analgesie, Schlaganfall kann man mMn beruhigt alleine durch die aktuell ausgebildeten Notfallsanitäter abarbeiten lassen, das würde die Einsatzzahlen schon erheblich senken. Zu Diskutieren wäre auch die routinemäßige Beschickung des Stichwortes "Brustschmerz", hier würde ich mir noch eine zusätzliche Risikostratifizierung wünschen.

    Weitere Kompetenzen abzugeben und gar einen Pseudoarzt mit Bachelor-/Masterstudiengang aufzubauen lehne ich komplett ab. Das kostet Unsummen an Geld (Universitäten und Ausbildungsstätten aufbauen), spart am Ende keine Kosten (der wird dann vermutlich mit 5 Jahren Studium auch nicht für 3000€ netto arbeiten wollen) und wird den Personalmangel im Rettungsdienst vermutlich noch weiter verschärfen. Durch die lange Ausbildungszeit fehlen die Kräfte auf der Straße, und am Ende verlassen sie dennoch frustriert den Job, weil man nach dieser wirklich langen Ausbildung trotzdem zu 90% zu Blödsinn fährt. Die Personaldecke ist in Paramedicsystemen wie in den USA, UK oder Australien keinesfalls besser, trotz der höheren Kompetenzen.

    Ich sehe in der ZNA eines Maximalversorgers mehr STEMI, NIVe und Intubiere in einem Monat mehr als der Rettungsdienstler in mehreren Jahren Vollzeittätigkeit. Eine reine präklinische Ausbildung führt in meinen Augen zu schlechteren Notfallmedizinern (nicht explizit Ärzten) als die aktuelle Notarztqualifikation.

    Wir sollten aufhören, uns selbst kleinzureden und uns Kompetenzen absprechen zu lassen und alles krampfhaft an irgendwelche schlecht ausgebildeten Ersatzkräfte wie PA oder Notfallsanitäter MSc. abgeben zu wollen. Die meisten Notärzte die ich kenne aus meinem kollegialen Umfeld leisten sehr gute und sehr fundierte Arbeit, gegen den Wildwuchs vor allem an ländlichen Standorten sollte man sicher vorgehen. 50% der NEF lassen sich sicherlich einsparen, auch schon heute ohne jegliches neues Studium, der Rest muss besser vergütet werden und als Pflichtaufgabe an regionale Kliniken angegliedert werden.

    Der Rettungsdienst sollte sich sicher weiterbilden, aber eher im Bereich low acuity-Einsatzbilder. Mehr pflegerische Kompetenzen, mehr psychosoziale Gesprächskompetenz, mehr Versorgung vor Ort. Aber das ist ja wenig aufregend, und da haben die meisten Heißdüsen einfach keinen Bock drauf. Die wollen Notfall, Action, und unbedingt Medikamente alleine spritzen und am allerbesten intubieren, der große feuchte Traum. Und da muss ich ganz klar sagen, wenn es soweit kommt haben wir einen gigantischen Qualitätsverlust und einen der spannendsten und vielfältigen Bereiche der Akutmedizin verloren.



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  3. #2733
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    [QUOTE=DA1994;2267500]




    Ich sehe in der ZNA eines Maximalversorgers mehr STEMI, NIVe und Intubiere in einem Monat mehr als der Rettungsdienstler in mehreren Jahren Vollzeittätigkeit. Eine reine präklinische Ausbildung führt in meinen Augen zu schlechteren Notfallmedizinern (nicht explizit Ärzten) als die aktuelle Notarztqualifikation.


    /QUOTE]

    Wichtiger Punkt. Was in der Präklinik eben auch völlig fehlt, ist ein Feedback, du weißt in aller Regel nicht, ob deine Verdachtsdiagnose gestimmt hat, das bremst Lerneffekte einfach auch aus. Klar ist es je nach regionalen Gegebenheiten möglich mal in der ZNA nachzufragen wie es mit einem Patienten weiterging, aber das passiert ja wahrscheinlich auch vor allem bei Einsätzen, die einem schon irgendwie spannend oder rätselhaft erscheinen. Das gilt natürlich im gewissen Sinn auch für Notärzt*innen, aber die haben eben eine wesentlich solidere und breitete innerklinische Ausbildung.

    Dass dieser weite Blick manchmal bei RD-Kolleg*innen fehlt, merkt man auch daran, welche Themen auf die leichte Schulter genommen werden, andere Themen hingegen sind teilweise krass angstbesetzt.
    Und ja, dazu kommt, dass im Rettungsdienst - jedenfalls bei den RD-Organisationen wo ich bisher gearbeitet habe - oft null strukturierte Fortbildung über das absolute Minimum hinaus passiert, gleichzeitig werden die Mitarbeiter*innen mit Ängsten oft allein gelassen, das trifft dann auf die nach wie vor uneinheitlichen Regelungen zu Handlungskompetenzen und am Ende kommt es zu Aussagen wie "Adrenalin (bei einer Anaphylaxie) gebe ich nicht, was wenn ich nacher was falsch mache und verklagt werde". Gruselig!



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  4. #2734
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    Zitat Zitat von DA1994 Beitrag anzeigen
    Insgesamt ist die 3-jährige Ausbildung ein wirklich gutes Fundament, allerdings leidet das Fachwissen in meinen Augen enorm dadurch, dass die praktische klinische Ausbildung durch Pflegekräfte erfolgt und nicht durch Ärzte.
    Das sage ich auch seit Jahren. Mich wundert, dass die Rettungsdienstschulen hier nicht aktiv werden und das endlich ändern. Da schickt man die Leute während der Ausbildung (kumulativ) monatelang in die Kliniken, damit sie dort dann im schlechtesten Fall als Doof vom Dienst die unliebsamen Aufgaben übernehmen, auf die die Pflege keinen Bock hat, statt das zu lernen, was hinterher gefragt ist, nämlich besagten klinischen Blick und die eigenständige (!) differentialdiagnostische Einschätzung von im Rettungsdienst völlig unselektierten Patienten. Was für ein kompletter Schwachsinn und völlig sinnfrei.

    Zum eigentlichen Thema finde ich es als langjähriger Rettungsdienstler mit Erfahrung in mehreren Ecken Deutschlands spannend, die sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen hier zu sehen. Werde da auch noch mal einen längeren Beitrag zu schreiben, aber ich glaube wie Sebastian auch, dass die auch hier sichtbare extreme Heterogenität ein echtes Problem ist.



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  5. #2735
    Platin Mitglied Avatar von crossie
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    [QUOTE=Kampf-Muffin;2267519]
    Zitat Zitat von DA1994 Beitrag anzeigen
    Wichtiger Punkt. Was in der Präklinik eben auch völlig fehlt, ist ein Feedback, du weißt in aller Regel nicht, ob deine Verdachtsdiagnose gestimmt hat, das bremst Lerneffekte einfach auch aus. Klar ist es je nach regionalen Gegebenheiten möglich mal in der ZNA nachzufragen wie es mit einem Patienten weiterging, aber das passiert ja wahrscheinlich auch vor allem bei Einsätzen, die einem schon irgendwie spannend oder rätselhaft erscheinen.
    Ich mache mir tatsächlich die Mühe und schreibe mir alle meine Einsätze in einer Liste mit Verdachtsdiagnose zusammen auf. Und bei den Patienten, die ich in mein Haus fahre gucke ich mir jeden im Verlauf an, was die tatsächliche Diagnose war und was draus geworden ist. So als eigene Qualitätssicherung. Und wenn möglich bzw. wenns interessant ist geb ich das auch an meine Kollegen vom RD weiter.

    Ich hatte letztens einen Einsatz "Thoraxschmerz, Dyspnoe". Ich versuche immer, die RDler erstmal machen zu lassen und im Hintergrund zu bleiben. Das war da ganz interessant. Für die Kollegen war praktisch mit der Meldung die Diagnose schon klar, haben dann im EKG auch was "komisches" gesehen und wollten dann ASS/Heparin geben weil STEMI. Die beiden haben das super nach Checkliste abgearbeitet, aber: ich bin dann zum Äußersten geschritten und hab die Patientin mal angesprochen: Rückenschmerzen seit zwei Wochen, seit gestern besonders schlimm. In Ruhe Schmerzen 0/10, sobald sie sich bewegt Schmerzen 8/10. Durch die Schmerzen kann sie dann nicht mehr richtig durchatmen. Das was die Kollegen im EKG sahen war ein vorbekannter LSB. Meine Entscheidung, kein Heparin/ASS zu geben und kein ACS anzumelden wurde mehrfach hinterfragt und wir einigten uns dann auf einen "unklaren Thoraxschmerz". In der Klinik zeigte sich dann eine BWK Fraktur bei Osteoporose.

    Ich wil gar nicht irgendwie mit dem Finger drauf zeigen oder mich lustig drüber machen, aber ähnliche Fälle habe ich immer wieder mal. Mein Eindruck ist, dass die Ausbildung eben sehr an Standards / Schemata orientiert ist und wenig Patienten-individuell. Ohne mich überschätzen zu wollen meine ich mittlerweile einen guten ersten Blick zu haben, ob der Patient grad kritisch ist oder nicht. Das haben gefühlt aber die wenigsten Kollegen vom RD.



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