teaser bild
Seite 7 von 56 ErsteErste ... 3456789101117 ... LetzteLetzte
Ergebnis 31 bis 35 von 277
Forensuche

Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #31
    rosa Plüsch
    Mitglied seit
    25.07.2003
    Semester:
    auf dem Boden der Tatsachen angekommen
    Beiträge
    2.641
    Ich hab mein Pj ja jetzt zum Glück fertig. Und es gab viele viele Tage, an denen ich einfach Angst hatte, einen Patienten umzubringen (es ist zum Glück nie was passiert).
    Einweisungen? Gabs nicht wirklich.
    Wenn man zufällig auf anderen Stationen unterwegs war (um bspw. Kollegen zur FoBi abzuholen), mußte man aufpassen, nicht von der Schwester in Beschlag genommen zu werden (PAt. X in Zimmer Y braucht JETZT SOFORT Infusion Z/ Medikament i.v. man solle das bitte machen, gerichtet/aufgezogen sei es schon). Weigern konnte man sich kaum oder es wurde als Faulheit interpretiert.
    EKs anhängen? Ja, das hab ich täglich mehrmals machen müssen, ich als PJler musste das machen. Mein erstes EK,tja da hab ich drum gebeten, dass man es mir zeigt. Tja, danach mußte ich es können (und ich hab mich mit den Leitungen ganz schon abgemüht, bis ich meinen Fehler bei EK 5 oder 10 endlich selbst entdeckt habe - zum Glück rein technischer Natur und es hat den Pat. niemals gefährdet).
    Erstes FFP? Ohje, da hätt ich ja fast den Bedsite-Test vergessen, weil ich es einfach nicht wußte. Ich hab durch ZUFALL eine mir liebe Kollegin getroffen und gefragt, wie ich das denn anzuhängen habe.
    Aszites-/Pleurapunktionen hab ich 2x unter Aufsicht gemacht und mich wohl ganz gut angestellt. Danach durfte/musste ich das eigenständig machen. Mich hats natürlich sehr gefreut, wohl war mir bei der Sache nicht.

    ZVK-Anlage: ja, das wollte ich gerne mal machen. Mein erster ZVK war unter Aufsicht (anders hätte ich das definitiv nicht gemacht), allerdings in die subclavia. Ich hatte echt Schiss. Im nachhinein hab ich erfahren, dass die subclavia den Fachärzten Anästhesie vorbehalten ist in diesem Haus.
    Danke auch. Danach hab ich mich erstmal umgezogen, weil so durchgeschitzt war - reiner Angstschweiß.

    Oft war ich alleine auf Station. i.v.-Runde war Aufgabe der PJler, ob nun durch ne Viggo oder den ZVK. Ich hab beim ersten mal ZVK-bedienen ne Stunde nen Doc gesucht, der es mir erklärt. Und dann die blöde Frage: "Du kannst das nicht? Warum nicht? Da kannste nix falsch machen, also mach einfach". Äh hä?

    Sehr schön auch die Situtation: ich mal wieder alleine auf Station, alle DOc im OP und Notfall bei einem wirklich schwer kranken PAtienten. ICH wurde angerufen, ICH solle das bitte regeln.
    Alleine einen Zugang beim schockigen Patienten zu finden, war schon eine echte Herausforderung. 5min. später (gefühlte 2h später) kam dann mal ein Doc angewackelt. "Wie? Kein Zugang? Was machste denn nach dem Examen? Da kannste auch nicht umm Hilfe rufen!"

    Ganz ehrlich? Wenn ich nen Pat. umgebracht hätte, mich würds nicht wundern. Ich hab dort ne Menge gelernt, aber richtig war das alles nicht.
    Und ich denke, das ist der Alltag im PJ.
    Ausnahmen, positive wie negative, gibts immer.

    Dass der arme PJ da jetzt als Bauernopfer dargeboten wird, find ich ziemlich frech und sehr sehr traurig.
    Solange alles gut geht, sind die PJler diejenigen, die die Station am laufen halten, wenn was passiert, wills wieder keiner gewesen sein.
    A misty morning
    does not signify
    a cloudy day



    MEDIsteps - Verringert Bürokratie deiner ärztlichen Weiterbildung - [Klick hier]
  2. #32
    think different Avatar von cookie!
    Mitglied seit
    18.08.2001
    Beiträge
    82
    Flauscheding, ich kann leider so ziemlich alles, was Du schreibst, unterschreiben. Mein PJ lief auch etwas so katastrophal.

    Ich bin an den meisten Tagen mit Angst zur Arbeit in die Klinik gegangen, weil ich wusste, dass ich z.B. in chirurgischen Abteilungen wieder mal den ganzen Tag allein auf Station sein würde (ich konnte wegen einer Behinderung nicht im OP arbeiten) und niemand da sein würde, den ich um Rat fragen konnte. Wer es einmal gewagt hat, im OP anzurufen, um den eigentlichen Stationsarzt etwas zu fragen, was sich im Nachheinein als "Pillepalle" herausstellte, und dann entsprechend runtergeputzt wurde, weil man wegen sowas im OP gestört hat, wird sich den nächsten Anruf gut überlegen. Als PJler ist man aber leider mangels Erfahrung nicht in der Lage, zu entscheiden, wann eine Situation kritisch ist und wann nicht. Man braucht jemanden, der einem eine Zeitlang sagt, wann schnelles Handeln nötig ist und wann man einfach abwarten kann, bis das Team wieder aus dem OP kommt. Ich hatte oft Glück, dass nette und erfahrene Schwestern für mich entschieden haben, wann etwas sofortiges Eingreifen erforderte und dann für mich im OP Hilfe angefordert haben.

    Die kritischste Situation in meinem PJ hatte ich gleich in der ersten Woche in der Inneren, als ich einen ZVK ziehen sollte. Ich hatte noch nie zuvor einen ZVK gesehen - das mag sich zwar für einige sehr ungewöhnlich anhören, aber wenn man eher an psychiatrischen Fächern interessiert ist oder seine Famulaturen viel in Ambulanzen verbracht hat, kommt man um ZVKs wohl lange herum.
    Jedenfalls sagte ich dem Stationsarzt, dass ich sowas noch nie gemacht hätte und gerne beim ersten Mal einfach zuschauen würde. Die Reaktion war, wie Flauscheding schon schrieb, sowas wie: "Stell Dich nicht so an, das ist ganz einfach, Du musst nur ziehen! Ich hab jetzt keine Zeit, geh schon." Das wichtigste sei, so wurde mir eingetrichtert, die Spitze des ZVKs möglichst steril abzuschneiden, in ein Röhrchen zu stecken und das in die Mikrobio zu schicken. Die Utensilien fürs ZVK-Ziehen musste ich mir bei der Pflege irgendwie "zusammenbetteln" - auch da ernete ich ungläubige Blicke und "stell Dich nicht so an, das kann doch nicht sein, dass Du sowas nicht kannst".
    Ich fand irgendwie heraus, dass ich die Fäden aufschneiden musste. Und dann zog ich den ZVK. Dummerweise, ohne dem Patienten Atemkommandos zu geben. Hatte mir ja niemand gesagt. Und mir hatte auch niemand gesagt, dass man da dann draufdrücken muss. Ich konzentrierte mich darauf, wie befohlen, die verdammte ZVK-Spitze steril abzuschneiden und zu verpacken - dafür braucht man ja beide Hände. Mein Glück war eine Pflegekraft, die zufällig ins Zimmer kam, zum Patienten stürzte und auf seinen Hals drückte. Hätte eine Luftembolie geben können. Hat es nicht, Glück gehabt, und ich werde nie mehr in meinem Leben ZVKs ziehen, ohne o.g. Dinge zu beachten. Aber es ist schrecklich, wenn man das auf diese Weise lernen muss und dabei unwissentlich Patienten gefährdet.



    MEDIsteps - Verringert Bürokratie deiner ärztlichen Weiterbildung - [Klick hier]
  3. #33
    rosa Plüsch
    Mitglied seit
    25.07.2003
    Semester:
    auf dem Boden der Tatsachen angekommen
    Beiträge
    2.641
    Ja Cookie, und dann wundern sich die Herren OÄs, wenn was passiert.
    Ich möchte im Grunde gar nichts schlechtes über das Haus sagen, denn sie waren alle sehr nett zu mir. Ich hab mich menschlich sehr wohl gefühlt, fachlich habe ich echt viel gelernt und viel machen dürfen. Aber es war schlicht und einfach verantwortungslos den Patienten ggü.
    Dass dann auch mal etwas passiert, auch schlimmeres, ist wohl zwangsläufig so und nur eine frage der Zeit.

    Auch wußte ich zu Beginn gar nicht, was ich tun darf und was nicht. Auf Nachfrage hiess es, ich dürfe ALLES machen, sofern es mir halt vorher gezeigt wurde.
    Es gab brenzlige Situationen. Niemand ist zu Schaden gekommen, aber ich stand dadurch natürlich latent unter Dauerstress. Und zum Ende des PJs habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ich den Beruf des Arztes so überhaupt noch ausüben möchte und hatte mit mir selbst mehr als nur einen Gewissenskonflikt.

    Und dann passieren eben auch bei der eigentlichen Routine Fehler.
    Wem kann man es da verübeln?
    A misty morning
    does not signify
    a cloudy day



    MEDIsteps - Verringert Bürokratie deiner ärztlichen Weiterbildung - [Klick hier]
  4. #34
    Summsummsumm Avatar von Feuerblick
    Mitglied seit
    12.09.2002
    Ort
    Jeg arbejder hjemmefra.
    Beiträge
    38.375
    Das Schlimme ist, dass es als Assistenzarzt oft genauso weitergeht. Ab ins kalte Wasser und schwimmen lernen. Wenn manche Patienten wüssten, wie häufig sie Teil von "Jugend forscht" sind... Es hat schon Gründe, warum ich Operationen an mir selbst ganz unbedingt in Vollnarkose haben möchte.
    Erinnerung für alle "echten" Ärzte: Schamanen benötigen einen zweiwöchigen Kurs mit abschließender Prüfung - nicht nur einen Wochenendkurs! Bitte endlich mal merken!

    „Sage nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.“ (Matthias Claudius)



    MEDIsteps - Verringert Bürokratie deiner ärztlichen Weiterbildung - [Klick hier]
  5. #35
    think different Avatar von cookie!
    Mitglied seit
    18.08.2001
    Beiträge
    82
    Zitat Zitat von Flauscheding Beitrag anzeigen
    Und zum Ende des PJs habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ich den Beruf des Arztes so überhaupt noch ausüben möchte und hatte mit mir selbst mehr als nur einen Gewissenskonflikt.
    Ich bin froh, dass das nicht nur mir so ging. Ich habe mich nach einem Versuch, in diesem verrückten System zu arbeiten, dafür entschieden, daraus auszusteigen. Aber mich lässt es auch noch so lange Zeit nach dem Studium und v.a. dem PJ nicht los, was damals alles war.

    Ich schließe aus den vielen Beiträgen hier, dass ich offensichtlich nicht die einzige bin, die mit dem bisherigen System der Ausbildung von angehenden Ärzten im PJ unzufrieden ist - aber ich frage mich, wieso sich so wenige von uns jemals dagegen gewehrt haben.
    Zu meiner Zeit habe ich es versucht und Erlebnisse von uns PJlern aufgeschrieben; damit bin ich dann sogar zum Studiendekan gegangen. Dort wurde ich nur "milde belächelt" und es hieß, ich sei da wohl eine absolute Ausnahme und aus meinem Handeln würde man v.a. schließen, dass ich für den Arztberuf nicht geeignet sei. Das hat mich, die ich durch die schlimmen Erlebnisse im PJ sowieso schon verunsichert war, natürlich noch mehr in Selbstzweifel gestürzt. Ich habe mich dann dem allgemeinen stillen PJler-Leiden und -Schweigen angeschlossen und versucht, das PJ irgendwie zu überleben und dabei niemanden umzubringen. Dabei hätte ich so gerne so vieles gelernt, aber unter für mich und die Patienten geschützteren Bedingungen. Es ist schön, dass es inzwischen an vielen Unis SkillsLabs gibt, wo man einiges schon mal üben kann, aber es bräuchte noch viel mehr, um eine wirklich gute praktische Ausbildung zu gewährleisten.
    Und, wie oben bereits jemand geschrieben hat: Es wird ja nach dem PJ nicht einfacher, weil man dann als Assistenzarzt auf einmal wirklich die Verantwortung hat, aber die ganzen Dinge immer noch nicht kann - und nun? Am Tag meines 3. Stex mischte sich in die Freude über das bestandene Examen auch die Angst vor dem Arbeiten als Ärztin. Und sie verließ mich nie mehr.



    MEDIsteps - Verringert Bürokratie deiner ärztlichen Weiterbildung - [Klick hier]
Seite 7 von 56 ErsteErste ... 3456789101117 ... LetzteLetzte

MEDI-LEARN bei Facebook