Dieser Artikel erscheint im Onlineangebot der "Financial Times Deutschland":
Gesundheitswirtschaft
EU-Kommission verklagt Deutschland
von Petra Spielberg (Brüssel)
Nach mehrfacher Androhung macht die EU-Kommission nun Ernst: Sie verklagt Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof, um den Wettbewerb im Rettungsdienst anzukurbeln.
Notfalleinsätze mit Blaulicht und Martinshorn sind nach Ansicht von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy kein Grund, den Markt gegen gewerbliche Anbieter aus dem In- und Ausland abzuschotten. Deutsche Behörden müssten Aufträge europaweit ausschreiben.
Die gängige Praxis sieht dagegen anders aus: In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen etwa seien bestehende Verträge kurzerhand verlängert oder Vergaben nicht bekannt gemacht worden, kritisiert die Kommission. Beispiel Bonn: Hier sollten im Januar 2005 vier Rettungswachen für vier Jahre neu besetzt werden - das Auftragsvolumen betrug 5,3 Mio. Euro. Einem Interessenten sei es aber untersagt worden, sich am Verfahren zu beteiligen, fanden Kommissionsbeamte heraus. Die Ausschreibung wurde schließlich komplett gestoppt.
Das darf künftig nicht mehr geschehen, sagt die EU-Kommission. Die deutschen Behörden argumentieren indes, die Vergabe von Aufträgen im Rettungsdienst sei eine hoheitliche Aufgabe - die üblichen Marktgesetze würden nicht gelten.
Undurchsichtige und unfaire Auftragsvergaben schadeten jedoch nicht nur dem Wettbewerb, sondern auch dem Auftraggeber selbst, warnt der Leiter des Instituts für Notfallmedizin in Köln, Alexander Lechleuthner: "Behörden, die rettungsdienstliche Leistungen nicht offen ausschreiben, riskieren den Vorwurf der Korruption."
Auch deshalb sollten europaweite Ausschreibungen für Krankentransporte und Einsätze in der Notfallrettung künftig die Regel sein, so Lechleuthner. Die deutsche Rettungsdienstszene sei jedenfalls durch die Ankündigung der Klage gewaltig in Bewegung geraten.
Quelle:www.ftd.de
Was sagt ihr dazu? In einem anderen Forum kam schon viel "Schwarzmalerei"...