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  1. #1
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    ich hatte in meinem letzten dienst ein erlebnis, welches mich einfach nicht loslässt und mich sogar (auch wenn es sich lächerlich anhört) todesangst verspüren lässt.

    geschichte dazu ist folgende:

    ich arbeite im akuten-alkoholentzug und hatte dienst. es war 21h und ein patient den ich schon von einem aufenthalt kannte (er hatte damals gegen meine empfehlung den entzug nach einem tag abgebrochen...borderliner) und auch schon von einem langen telefonat nachts vor ca 8 wochen.

    ich wusste auch, dass er zwischenzeitlich mal bei uns in der klinik vorbeigeschaut, weil er zu mir wollte. er hatte wohl nach dem letzten abgebrochenen aufenthalt einen selbstmordversuch hinter sich und war kurz auf der geschlossenen und wollte sich bei mir quasi entschuldigen, weil ich ja damals recht hatte usw. was ich damit zeigen will ist, dass er schon irgendwie seit dem ersten telefonat extrem auf mich fixiert war.

    nun kam er halt zu besagtem dienst um 21h und ich hatte genug betten frei und habe ihn aufgenommen. er hatte 2 promille (wobei das bei uns nun wirklich nicht viel ist).
    ich habe dann im aufnahmegespräch (weil es sonst recht ruhig war) ca 2 std mit ihm gesprochen. schon bei der letzten aufnahme hat er sich mir ziemlich geöffnet. es zeigte sich schon damals, dass er ein extremes gewaltpotential besitzt (war im afghanistan krieg und hat viel scheisse gesehen...und 20 jahre hooligan). mir gegenüber war er aber immer nett, höflich, zuvorkommend usw.

    als sich das gespräch dem ende zu wandte drehte sich seine stimmung ein wenig... er fing an von seiner exfrau zu erzählen, die ihm viel -seiner meinung nach- angetan hat (zuviel um es aufzuführen). sie ist mittlerweile neu verheiratet und hat noch eine tochter mit dem neuen mann.

    plötzlich schaut mich der patient grübelnd an und meint:
    "was ich ihnen jetzt erzähle hab ich schon freunden erzählt und die haben sich dann endgültig von mir abgewandt. aber ich freue mich schon auf den tag an dem ich dem neuen mann meiner ex das antun kann, was er mir angetan hat."

    ich war irritiert und fragte was er meine. darauf er:

    "er hat mir einmal die familie genommen und ich freue mich es ihm gleich zu tun."

    als ich dann erschrocken fragte, was er meine und ob er vorhabe der frau etwas anzutun antwortete er:

    "ja, das wird noch ganz groß in der bild stehen. das werden sie noch sehen! ich werde meine ex frau und das kind umbringen."

    ich war natürlich extrem schockiert, denn ich bin nicht geschult was solche situationen angeht (ich denke die wenigsten hier) und habe versucht ihm klar zu machen, was er da sagt. er meinte nur, dass das kind ohnehin kein recht zu leben hat und seine frau auch nicht. es sei keine rache sondern nur genugtuung. und ich hätte ja ein wenig recht mit dem kind...das würde er schnell töten, aber seine ex würde er 30std lang leiden lassen. und wenn man ihn morgen drauf anspricht würde er es ohnehin leugnen.

    vielleicht könnt ihr euch ja vorstellen wie ich (bin nen kleines mädel) da um 23h allein im zimmer mit dem patienten gefühlt habe... habe ihm klargemacht, dass ich nur bis hier hin mit ihm reden kann...habe gesagt, dass ich das nicht als richtigen weg empfinde, aber konnte einfach nicht mehr weiter mit ihm reden.
    dazu kommt, dass ich echt panik hatte. ich saß mit dem rücken zum fenster, er zur tür. ich hatte wirklich angst er tut mir was an, wenn ich sage, dass ich in so einem fall personen ausserhalb der klinik informieren muss.

    habe das gespräch mit einem lächeln beendet und ihn auf station begleitet...dann habe ich meine oberärztin im hintergrund angerufen. sie wusste auch nicht was wir machen sollten... meinte nur, dass wenn er wieder abbrechen sollte wir anonym die polizei rufen sollen und erstmal fragen sollen was man in so einer situation macht.

    als ich am nächsten morgen dem nächsten diensthabenden arzt die übergabe gemacht habe und alles geschildert habe meinte dieser nur: ja, wenn er abbricht und sich davon klar distanziert können wir nichts machen, sonst polizei rufen.

    das schlimme an der ganzen sachen ist, dass ich angst habe, dass er sich (wenn das nochmal angesprochen wird von jd anderem) von mir hintergangen fühlt und sich rächen will...keine ahnung ob das echt zu krasser filmgedanke ist...aber er weiß mein autokennzeichen (hatte es damals gesehen, als er mich sprechen wollte nach dem selbstmordversuch) und ist eben unheimlich fixiert auf mich (ich sei DIE vertrauensperson für ihn)....

    ich erfahre heute erst wie die situation im moment ist...ob er noch auf station ist oder schon weg.


    ich musste das nur mal loswerden...vielleicht hat ja von euch etwas ähnliches erlebt... irgendwie lag ich gestern bis 2h nachts wach, weil ich dachte, dass er mich nachher auf dem parkplatz abknallt.... ich entwickel selber noch nen verfolgungswahn...


    naja...für tipps und ideen u meinungen zu der geschichte (auch jegliche kritik) bin ich offen!



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  2. #2
    Z.n. Studium Avatar von *milkakuh*
    Mitglied seit
    02.12.2008
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    5.513
    Das klingt echt gruselig.

    Viel kann ich leider nicht beitragen nur, dass ihr euch vielleicht nochmal genauer die gesetzlichen Grundlage zur Schweigepflicht anschauen solltet. Nach § 138 StGB hat jedermann die Verpflichtung zur Anzeige von bestimmten geplanten Verbrechen. Die Pflicht trifft auch den Schweigepflichtigen. Dabei handelt es sich um gravierende, einzeln aufgeführte Straftaten (Vorbereitung eines Angriffskrieges, Hochverrat, Geldfälschung, Menschenhandel, Mord und Totschlag, Raub, u.Ä.). § 139 StGB ist aber auch noch interessant in dem Zusammenhang. Eventuell kann man ja erstmal Kontakt mit der Rechtsabteilung der Klinik aufnehmen und mit einem spezialisierten Anwalt darüber sprechen. Vorher sollte man sich natürlich im Team über das weitere Vorgehen einig sein. Wirklich eine blöde Situation!

    Dass du Angst hast, kann ich sehr gut verstehen!
    Geändert von *milkakuh* (03.05.2013 um 09:26 Uhr)



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  3. #3
    Diamanten Mitglied Avatar von WackenDoc
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    24.01.2009
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    Bauschamane
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    16.362
    Erinnert mich glatt an einen meiner Patienten- zum Glück war bei dem die Drohung nicht so konkret.

    Ich hab aber noch einen Hinweis, der nicht direkt mit deiner Fragestellung zu tun hat, aber für den Patienten wichtig sein könnt:
    Sollte der Verdacht bestehen, dass das Krankheitsbild mit seinem Einsatz zu tun hat, solltet ihr versuchen herauszubekommen, ob da schon irgendwas in Richtung Wehrdienstbeschädigung gelaufen ist und ob schon eine Traumatherapie gelaufen ist.Einige traumatisierte Soldaten haben während ihrer Dienstzeit nie gesagt, wie schlecht es ihnen ging oder haben die Symtpome erst nach ihrer Entlassung entwickelt.
    Sollte in diese Richtung noch gar nichts gelaufen sein, besteht die Möglichkeit mit dem PTBS-Zentrum im Bundeswehrkrankenhaus Berlin aufzunehmen. Dort gibt es sogar eine Sprechstunde für ehemalige Soldaten.
    Für akute Fragen haben die auch eine Hotline, die 24 Stunden erreichbar ist.
    Hier gibt´s alle relevanten Infos: http://www.angriff-auf-die-seele.de/ptbs/

    So und jetzt zu deiner Frage: Ich denke, dass du alles richtig gemacht hast, indem du den Patienten in der Lage nicht hast eskalieren lassen und du den Rat deiner Oberärtzin eingholt hast. Mich wundert allerdings, dass sie nicht wusste, wie weiter zu verfahren ist.
    Ich hätte jetzt gedacht, dass vergleichbare Lagen nicht so selten in der Psychiatrie sind.

    Es ist unheimlich schwierig, wenn solche Patienten Vertrauen zu einem gefasst haben oder dies zumindest vorgeben und dann Entscheidungen treffen muss, die für den Patienten unangenehm sind. In solchen Situationen zeigt sich dann aber auch, wie tragfähig diese therapeutische Beziehung überhaupt war. Wahrscheinlich schlägt das Vertrauen umso heftiger in´s Gegenteil um. Letztendlich muss aber irgendjemand die Angst und das Wegschauen überwinden.
    Rein objektiv hast du es ja schon gut erkannt: Das Gewaltpotential ist da, die Fähigkeiten hätte er auch, in seinen Augen hat er wahrscheinlich nichts mehr zu verlieren- eine ganz üble Mischung.
    Wie konkret die Gefahr für sein Kind und seine Frau wirklich sind, müssen wohl die Experten abschätzen.

    Letztendlich hat das ja auch nichts mit "Fallenlassen" im Sinne von moralisch verurteilen zu tun, sondern es geht um den Schutz seiner Familie.
    This above all: to thine own self be true,
    And it must follow, as the night the day,
    Thou canst not then be false to any man.
    Hamlet, Act I, Scene 3



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  4. #4
    ehem-user-02-08-2021-1033
    Guest
    Ich glaube hier vermischen sich gerade 2 Aspekte.
    Einerseits deine verständliche Angst und der etwaige Konflikt mit der ärztlichen Schweigepflicht.


    Über deine Angst kann ich leider nichts schreiben. Das klammere ich aus, da ich dich und die Situation nicht kenne.

    Im Strafgesetzbuch heißt es folgendes:

    "§ 138
    Nichtanzeige geplanter Straftaten.(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

    1. einer Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80),
    2. eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
    3. eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
    4. einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
    5. eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches),
    6. einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5, des § 233 Abs. 3, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
    7. eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
    8. einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c

    zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer

    1. von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
    2. von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,

    zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

    (3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
    ."

    Weiter heißt es:

    "§ 139
    Straflosigkeit der Nichtanzeige geplanter Straftaten.(1) Ist in den Fällen des § 138 die Tat nicht versucht worden, so kann von Strafe abgesehen werden.

    (2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist.

    (3) Wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen einen Angehörigen erstatten müßte, ist straffrei, wenn er sich ernsthaft bemüht hat, ihn von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden, es sei denn, daß es sich um

    1. einen Mord oder Totschlag (§§ 211 oder 212),
    2. einen Völkermord in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder ein Kriegsverbrechen in den Fällen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder
    3. einen erpresserischen Menschenraub (§ 239a Abs. 1), eine Geiselnahme (§ 239b Abs. 1) oder einen Angriff auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c Abs. 1) durch eine terroristische Vereinigung (§ 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1)

    handelt. Unter denselben Voraussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger, Arzt, Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. Die berufsmäßigen Gehilfen der in Satz 2 genannten Personen und die Personen, die bei diesen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, sind nicht verpflichtet mitzuteilen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist.

    (4) Straffrei ist, wer die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Unterbleibt die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg abzuwenden.
    ."


    --> Das ist, wie es milkakuh bereits beschrieben hat.
    Auch der Rat mit der Rechtsabteilung...

    Das andere ist die Frage, ob man nicht vielleicht versucht, auch wenn der Patient "freiwillig" bleibt, einen Unterbringungsbeschluss zu bewirken. Das kann ja jeh nach Draht zum Richter werktags auch "ganz schnell" gehen.

    Aber halt uns auf dem Laufenden!



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  5. #5
    Registrierter Benutzer Avatar von gk#3
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    Aber ist das nicht ne Sache der Rechtsgüterabwägung!?
    Wenn ich mich da dunkel an meine Rechtsmed-Lernerei für die mündliche erinner (Dezember 2012 und schon wieder über die Hälfte vergessen), dürfte man den Patienten anzeigen und seine Schweigepflicht verletzen, weil man damit das Leben des Kindes und der Mutter retten kann...
    A yawn is a silent scream for coffee!





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