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Aktive Benutzer in diesem Thema

  1. #11
    schmierig Avatar von Gesocks
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    15.07.2011
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    hinten
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    Unsere Rechtsmediziner haben uns intensivster Gehirnwäsche unterzogen, in solchen Fällen definitiv keinen natürlichen Tod zu bescheinigen; eben wegen bestehender Argumentationskette.

    Wenn Hinweise bestehen, dass eben nicht die (natürliche) Grunderkrankung, sondern jegliche Art von Manipulation (ob indiziert, kompliziert, komplikationsfrei, verpfuscht, zwanzig Jahre her oder am anderen Körperende) todesursächlich sein könnte - in diesem Fall auf jeden Fall gegeben - dann handelt es sich nicht um eine geklärte Todesursache. Die Möglichkeit, sogar bei der verhaltenen Frage nach "Anhaltspunkten für äußere Einwirkungen" auch "ungeklärt" ankreuzen zu dürfen kommt sicherlich auch nicht von ungefähr.



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  2. #12
    Diamanten Mitglied Avatar von WackenDoc
    Mitglied seit
    24.01.2009
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    Bauschamane
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    16.362
    In Niedersachsen ist das Formular besser in der FOrmulierung
    "Besteht ein Anhaltspunkt für einen nicht natürlichen Tod, wenn ja, welcher?"
    "Ist die Todesart (natürlicher oder nicht natürlicher Tod) ungeklärt, wenn ja, warum?"
    Plus ein kleines Feld wo man mit 1-2 Stichworten seine Begründung angeben kann und dazu noch das große Feld für die ausführlichere Epikrise weiter unten.

    Die Begründung "Blutung evtl. Folge der OP" ist ja eigentlich ausreichend als Hinweis für äußere Einwirkung. Ob dem dann wirklich so war und ob der Verlauf schicksalshaft war, müssen dann weitere Untersuchungen klären.

    Aber natürliche Todesursache hätte ich in dem Fall auch nicht angekreuzt.
    This above all: to thine own self be true,
    And it must follow, as the night the day,
    Thou canst not then be false to any man.
    Hamlet, Act I, Scene 3



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  3. #13
    Administrator Avatar von Brutus
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    17.01.2011
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    Bochum
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    Man kann sich übrigens auch ganz gut mal mit der Kripo unterhalten. Ich hatte mal eine Bewohnerin eines Altenheimes, die morgens tot in ihrem Bette lag. Nun ja, eigentlich jetzt nicht sooo ungewöhnlich, mit 93 Jahren darf man auch mal sterben.
    Allerdings ist die Frau 4 Wochen zuvor aus dem Bett gefallen und hatte sich dabei eine Rippenserienfraktur (3-6.) zugezogen. Danach war sie 2 Wochen stationär und seitdem wieder im Heim. Da war ich mir jetzt auch nicht soooo sicher, ob ich natürlich (bei der Latte an Vorerkrankungen wäre das ohne Weiteres auch so durchgegangen), oder doch nicht geklärt ankreuzen sollte. Und da man ja eh mir der POL telefoniert, um selbe an den Ort des Geschehens zu locken, habe ich mich kurzerhand zur Kripo durchstellen lassen. Nach kurzer Darstellung der Auffindesituation und Diskussion der letzten Wochen hat mir der Kommissar dann erklärt, dass aufgrund des Entlassbriefes und der Schilderung der Altenpflege der Sturz nicht ursächlich für das Ableben sei und daher die Staatsanwaltschaft eh am Telefon die Ermittlungen einstellen würde. Aufgrund der Vorerkrankungen sei der Tod durch eben diese anzunehmen und daher natürlich anzukreuzen.
    Und die Kripo ist bei uns eher auf der Schiene, wir können ja erstmal ermitteln und dann immer noch freigeben...
    I'm a very stable genius!



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  4. #14
    Von hier an blind Avatar von Logo
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    30.10.2004
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    war Kiel
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    Hm.
    Evtl. sehe ich das zu locker, aber ich hätte bei der gut dokumentierten VG vmtl. "natürlich" bescheinigt, evtl. das im Kommentarfeld oder einfach daneben mit "konsekutiv" noch kommentiert. Auch in Brutus Beispiel mit der Oma und Sturz im Vorfeld.
    Alte Menschen stürzen regelhaft und ziehen sich dabei auch manchmal im weiteren Verlauf tödliche Sekundärfolgen zu. Das ist IMO eine nicht zu negierende Grundkonstellation des Alters. In abgewandelter Weise auch bei Krebs- und sonstwie gearteten multimorbiden Patienten. Jede Intervention birgt da erheblich höhere Risiken (uns allen bekannt) und wurde eingewilligt (ist zu unterstellen und von mir als Leichenbeschauender auch nicht zu prüfen). Somit ist die Todesfolge "naturgemäß" im weiteren Sinne eben unter Würdigung der Grunderkrankung. Andere Konstellation wäre ein elektiver Eingriff bei einem gesunden Patienten im Vorfeld. Genau diese "Würdigung" und "Kontexteinordnung" ist aus meiner Sicht die primäre ärztliche Aufgabe, Leiche umdrehen (platt gesagt) sekundär. Sonst könnten das auch irgendwelche ausgebildeten Hansels machen... Und da nehme ich mir heraus am Ende eine Einschätzung via Kreuzchen abzugeben.
    Wenn ich nach irgendeinem Algorithmus à "kürzliche Operation mit mgl. Komplikation etc. im Vorfeld oder andere mgl. Kausalkette" quasi automatisiert "ungeklärt" ankreuze (mit gleicher KriPo-Konsequenz wie "V.a. nicht natürlich"), dann müsste ich das a) bei jeder 2. Leichenschau machen in unserem geriatrisch/onkologisch geprägtem Haus (mit laufend Stürzen und krankheitsinherenten Komplikationen), b) bei multimorbiden Pat. mit KH-Aufenthalt alle 2-4 Monate jede Medikationsänderung kritisch hinterfragen (bspw. Übersterblichkeit bei Risperdal, Kardiaka neu sortiert etc.) und c) käme vor lauter Hinterherlaufen und rumtelefonieren nicht mehr dazu wichtige Arbeit mit (noch) Lebenden zu erledigen...
    Die Rechtsmedizin an meiner Alma mater sah das natürlich auch anders, ähnlich wie von Gesocks beschrieben. Ich mag Rechtsmedizin vom Fachlichen her, aber diese "juristische Durchseuchung" (da halte ich es wie König Friedrich Wilhelm der I. ) nervt mich.
    Grundsätzlich verweigere ich mich ab einem gewissen Punkt auch so einem Kinderkram, weil ich mich da in meiner Souveränität als Arzt gestört fühle und auch nicht die (Vor-) bzw. (Zu-) Arbeit von Ermittlungsbehörden machen möchte, geschweige denn mich Versichungsverhältnisse von Pat./Angehörigen interessieren.

    Ein Nachtrag noch:
    "Bauchgefühl" ist auch hier ein weitere Entscheidungsfaktor für mich - trotz des EBM-Geschreis
    Geändert von Logo (01.10.2015 um 14:04 Uhr)
    Pure Vernunft darf niemals siegen!



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  5. #15
    Kognitive Sollbruchstelle Avatar von Sebastian1
    Mitglied seit
    04.04.2002
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    10.912
    Interessanter Gedankengang, kann ich auch nachvollziehen, würde ich aber so nicht unterschreiben. Allein die Tatsache, dass ein Sturz - wenn auch häufiges Ereignis - mit konsekutivem Tod durch KOmplikationen welcher Arte auch immer per Definition ein Unfalltod ist, schliesst hier das "natürlich" aus. Und da kommen wir auch wieder zu dem vermeitlichen Gefallen, den man Angehörigen damit tut: Man "erspart" in einer emotional belastenden Situation den Weg über die polizeilichen Ermittlungsbehörden. Hat der verstprbene allerdings zB eine Unfallversicherung, wird diese das zunächst mal als Grund heranziehen, nicht zahlen zu wollen, man hat hier uU den Angehörigen somit einen Bärendienst erwiesen.
    Meine Aufgabe ist ja lediglich, zu beurteilen, ob ich eine logische Kausalkette für einen Tod aus natürlicher Ursache ziehen kann. Kann ich das nicht, sind immer die Ermittlungsbehörden einzuschalten, das ist nunmal der vorgegebene Weg, der Mitunter auch mal lästig sein kann, aber so ists nunmal geregelt. Wenn meine Kausalkette mit "Sturz" beginnt, ist die Antwort recht eindeutig.



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