Ich liebe meinen Job. Arbeite seit mehreren Jahren in einer Abteilung mit allen Vor- und Nachteilen, wie so üblich. Jetzt kommt mein Chef auf die Idee, mir nach mehreren Jahren der Arbeit (nach der Visite in seinem Büro) quasi wüst beschimpfend vorzuwerfen, ich sei nicht kritikfähig, sogar kritikresistent. Weil ich ihn in der Visite bei einer Meinungsverschiedenheit „beschwichtigt und damit provoziert“ hätte (dabei sendet er gemischte Botschaften: man soll was zum Pat. sagen, andererseits ist es dann doch nicht erwünscht, weil zu wenig Zeit ist. Man spürt den Druck regelrecht, insbesondere, weil die Tür bereits geöffnet wird, nachdem man zwei Worte über den Pat. sagen konnte). Und dazwischen gab es nie ein ordentliches Weiterbildungsgespräch mit konstruktiver Kritik oder Verbesserungsvorschlägen. Gerade das hätte ich mir aber gewünscht, da mir die Arbeit sehr wichtig ist und ich viel darüber nachdenke, mich mit Bekannten fachlich austausche. Mit diesem konfliktvermeidendem Getue, wie es in unserem Haus der Fall ist, vermutlich weil man die Leute für Dienste nicht vergraulen möchte, kann ich gar nichts anfangen. Ich möchte lernen, und habe auch kein Problem mit unbequemen Rückmeldungen, solange diese konstruktiv sind und keine abwertenden Zuschreibungen darstellen. Ich vermute, dass er nicht damit zurechtkommt, dass man im Laufe der Jahre als Assistent dazulernt und auch selbst Input geben kann, wovon gute Abteilungen doch eigentlich leben sollten. Richtig traurig. Was er mir an der Kopf geworfen hat, ist so ziemlich das Schlimmste, was man mir sagen könnte, da ich selbst das Gefühl habe, meine Arbeit und mein eigenes Verhalten zu reflektieren. Klar, man macht Fehler, man ist noch relativer Anfänger. Ich habe ihm zurückgemeldet, dass ich das sehr überraschend und unfair finde. Er scheidet bald aus, und ich hoffe, dass sich mit dem E-Logbuch und dem Zeugnis keine Probleme ergeben. Schade um ihn ist es nicht, da er eine lange Geschichte mit sich bringt, die liebsten und nettesten Kollegen zum Heulen gebracht hat. Es ist echt der Wahnsinn, dass selbst Chefärzte in Psych-Fächern hinsichtlich ihrer eigenen Anteile nicht aufgeräumt haben bzw. nicht die erforderliche Selbstkontrolle aufweisen. Letztlich hat das echt was mit mir gemacht, ob es nun gerechtfertigt war oder nicht.