Ich finde es unwürdig, dass sich das Gesundheitwesen durch Wettbewerb gesundschrumpfen soll (wobei die Frage natürlich ist, was noch gesund ist) und würde mir glasklare Vorgaben wünschen. Leider scheint das illusorisch zu sein. Aber ich denke trotzdem, daß es möglich ist, ein Konzept aufzustellen, in dem ziemlich klar definiert ist, in welchem Bereich ein Patient behandelt wird:
1. ambulant; also in einer Praxis oder Klinikambulanz
2. erweitert ambulant (z.B. in einer Tagesklinik oder durch einen Pflegedienst)
3. regional stationär bei: 1. leichteren Krankheitsbildern und 2. bei nicht mehr wirklich kurativem Ansatz (z.B. ständig dekompensierte Herzinsuffizienz, Wundmanagement, Palliativstation) 3. zeitkritischen Krankheitsbilden (STEMI, Schlaganfall).
4. Überregional für kompliziertere Krankheitsbilder/ Operationen. Z.B. Tumorchirurgie, onkologische Behandlungen, komplee Intensivmedizin.
Die Triage, durch deren Ergebnis bestimmt wird, wohin der Patient geht, darf selbstverständich nur von erfahrenen Ärzten durchgeführt werden, damit eben nicht das passiert, was Christoph_A geschrieben hat (internistische Frischlinge alleine in der ZNA) und was deutschlandweit vermutlich massenhaft Ressourcen verschleudert, weil Patienten unnütz aufgenommen werden, oder Erkrankungen verschleppt werden, weil die Patienten eben nicht aufgenommen worden sind, weil der Anfänger die Behandlungsnotwendigkeit nicht erkannt hat.
Daß kleine Krankenhäuser erhaltenwürdig sind, weil die Bevölkerung es sich so wünscht, sehe ich anders. Die Anspruchshaltung vieler Menschen ist uferlos und zusätzlich ist deren Meinung oft nicht durch Sachkenntnis getrübt. Wer für z.B. eine Whipple-OP oder für komplexe Tumorchirurgie lieber im kleinen Krankenhaus vor Ort bleiben möchte, damit er Besuch empfangen kann, hat eben nicht verstanden, daß die Medizin inzwischen so komplex ist, daß die Mindestzahldiskussion in einigen Bereichen durchaus Sinn hat.
Nicht jeder Patient wird genau in eine der von mir genannten Kategorien passen, weil es immer wieder Grenzfälle geben wird. Trotzdem finde ich diese Einteilung sinnvoll, bzw. stelle sie hier zur Debatte. Vielleicht stellt sich ja auch heraus, daß die Einteilung doch nicht sinnvoll ist, wie ich es im Moment finde
Außerdem muß sich Deutschland überlegen, wieviel Medizin es sich leisten will. Komplexe Tumorchirurgie an jeder Ecke? Schürfwunde in jeder Uniklinik behandeln lassen? Irgendwo in der Mitte wird die Wahrheit liegen. Und die Variante, für die sich Deutschland entscheidet, sollte diskutiert und dann zügig umgesetzt werden. Aber die wettbewerbsorientierte Marktbereinigung des Gesundheitswesens finde ich für alle Beteiligten (Patienten und Mitarbeiter) unwürdig und auch menschenverachtend.